Simulation von Normalität

Der Volkswagen-Konzern hält trotz Kritik an seinem Sponsoring des olympischen Fackellaufs durch Tibet fest

BERLIN taz/ap ■ Der Automobilhersteller Volkswagen will trotz der aktuellen Unruhen in Tibet an dem geplanten Sponsoring der Olympischen Spiele in Peking festhalten. „Ein Rückzug aus dem Sponsoring würde keinen Sinn machen“, sagte Konzernsprecher Andreas Meurer der Agentur AP. Eine entsprechende Anfrage der taz blieb bis dato unbeantwortet. VW verfolge mit Sorge, was gerade in Tibet passiere. Es sei aber Aufgabe von Politik und Diplomatie, eine Einigung zu erreichen. Sich zurückzuziehen, wäre falsch: Die Spiele „dienen zu Dialog und Völkerverständigung“, so der Konzernsprecher.

Das Berliner Büro der International Campaign for Tibet (ICT) hatte in einem Schreiben an den VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn appelliert, die Mitwirkung an dem olympischen Fackellauf durch Tibet als offizieller Fahrzeuglieferant zurückzuziehen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, „Volkswagen wirke bei dem augenscheinlichen Versuch der chinesischen Behörden mit, Normalität in Tibet vorzuspiegeln“. Bunte VW-Fahrzeuge auf Straßen, die kurz zuvor Schauplatz blutiger Ereignisse waren, wären für die deutsche Öffentlichkeit unerträglich. Das kann nicht im Interesse von VW sein“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Stattdessen müssten die Vorgänge in Tibet mit Beteiligung der internationalen Gemeinschaft untersucht werden. VW müsse seine Partner in China ferner drängen, den Dialog mit dem Dalai Lama aufzunehmen, so Müller. Der Autokonzern ist nach eigenen Angaben mit seiner chinesischen Niederlassung nationaler Sponsor bei den Spielen und stellt im Umfeld rund 6.000 Fahrzeuge zur Verfügung.

Während des Fackellaufes würden entlang der gesamten Strecke rund 1.000 Wagen von verschiedenen VW-Firmen in einzelnen Ländern bereitgestellt. Der längste Fackellauf der olympischen Geschichte beginnt am Ostermontag im antiken Olympia und endet am 8. August zur Eröffnung der Spiele. Der deutsche Konzern, der bis vor wenigen Jahren Chinas Automarkt dominierte, erklärte am 28. Februar, den Lauf „zum bedeutendsten Fackellauf überhaupt zu machen“. Es sei „für Volkswagen eine besondere Ehre, offizieller Zulieferer zu sein“. Höhepunkt des Laufes unter dem doppeldeutigen Motto „Entzünde die Leidenschaft, teile den Traum“ soll die Besteigung des Mount Everest werden.

Aus Angst vor Protesten tibetischer Aktivisten wurde der Aufstieg inzwischen für Bergtouren von tibetischer Seite – und nach Druck Pekings auch auf nepalesischer Seite – gesperrt. Die Fackel soll am 20. Juni in der tibetischen Hauptstadt Lhasa eintreffen. Den Fackellauf durch die tibetische Unruheregion sieht das Organisationskomitee auch nach den blutigen Protesten nicht gefährdet. „Die Behörden in Tibet werden einen reibungslosen Ablauf des Fackellaufes sicherstellen“, sagte der Vizechef Jiang Xiaoyu. Beobachter gehen hingegen davon aus, dass der Fackellauf neue Proteste anzieht.

SVEN HANSEN