Ein Hauch von Camilla Parker Bowles

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Das Zoe in Berlin-Mitte möchte gerne Prinzessin sein. Aber …

Als das Restaurant Zoe vor ein paar Jahren an der Rochstraße in Berlin-Mitte eröffnete, war das Lokal schick, nicht besonders teuer und ziemlich leer. Parkettboden und hellgelbe Wände, weiße Möbel und Tischdecken – es passte alles so gut zusammen, wenn sich auch schon damals eine leichte Seelenlosigkeit erahnen ließ. Heute ist das Zoe noch immer relativ günstig und auch zur Mittagszeit gut besucht.

Vor allem Menschen, die in der Gegend zwischen Hackeschem Markt und Alexanderplatz arbeiten, kommen zum Mittagessen ins Zoe. Es gibt viele Stammgäste, man erkennt sie daran, dass sie ohne innezuhalten die Tür hinter sich zuziehen. Der Mechanismus, der dafür sorgen soll, dass die Tür automatisch zufällt, ist nämlich defekt. Immer wieder muss der Kellner die Tür hinter der Laufkundschaft zuschlagen, damit die Gäste, die auf weißen, plastikbezogenen Bänken sitzen müssen, nicht frieren. Auch die Bar, die Bänke und Hocker im Zoe bedürfen dringend einer Instandsetzung. Es ist wie bei einem lieblos dahingestellten öffentlichen Gebäude. Kann es sein, fragt man sich, dass etwas so Neues schon ein Sanierungsfall ist? Gegen ein alterndes Lokal möchte man nichts einwenden, Alter verleiht Menschen Würde und Material Patina. Selbst Camilla Parker Bowles, in jungen Jahren keine Schönheit, wirkt im Alter weniger abgetakelt als früher.

Wenn das Lokal aber überwiegend mit weiß beschichtetem Pressspan eingerichtet ist, wirkt das Alter schäbig. Während man also im Zoe sitzt, die ramponierten Möbel anschaut, kommt man doch ins Grübeln. Weshalb ist der Laden so voll? Vielleicht nur, weil die in der Umgebung überfüllt sind? Vielleicht liegt es daran, dass das Zoe dem Gast die Wahl zwischen der europäischen und der asiatischen Küche lässt, und beide Richtungen gut umgesetzt werden. Sowohl die Rindermedaillons mit Wokgemüse und Kartoffeln als auch die Ente im Knusperteig mit roter Thai-Currysauce werden hübsch präsentiert und machen auch geschmacklich einen anständigen Eindruck. Das Fleisch ist zart, die Saucen fein, das Gemüse knackig. Nein, lieblos, wie es der Herr am Nebentisch findet, Typ Unternehmensberater in gehobener Stellung, kann es einem nur vorkommen, wenn man es mit Lokalen einer ganz anderen Kategorie vergleicht. Das ist eben auch das Problem mit dem Zoe: Es möchte gerne Prinzessin sein, hat aber definitiv nicht das Zeug dazu. Schade, aber vielleicht kommt es nach grundlegender Überholung zu Ruhm und Ehren. Parker Bowles hat es ja mit Beständigkeit auch geschafft.

RESTAURANT ZOE, Rochstr. 1, 10178 Berlin, (030) 24 04 56 35, www.zoe-berlin.de, Mo–Sa 12–24 Uhr, So 18–24 Uhr, S-Bahn Hackscher Markt, Wasser 0,75 l € 4,50, Tagesgerichte ab € 5,50, Mittagstisch Mo–Sa 12–16 Uhr