Sozial gerechte Bildung

betr.: „Bildung für alle“, taz vom 22. 3. 08

Wenn ich die Artikel von Christian Füller zu Studiengebühren lese, muss ich jedes Mal schlucken und mich wundern, wo in seiner kleinen Welt Studenten wie ich bleiben, deren Konto zweimal im Jahr zum Semesterbeginn leer geräumt ist und die nach sechs Jahren Geld-ins-Studium-Investieren mit einem Berg von Bafög-Schulden dastehen. Bafög-Empfängern könnte man die Gebühren ja erlassen, sagt Herr Füller. Aber was ist mit denen, die eben gerade kein Bafög bekommen? Die sich mit Nebenjobs herumplagen, die Zeit zum Lernen stehlen und die dann womöglich ins Raster der verteufelten Langzeitstudenten fallen? Oder mit denen, die auf dem zweiten Bildungsweg studieren? Auch frage ich mich, was Studiengebühren am maroden Haupt- und Realschulsystem verbessern sollen. Da die Gebühren ausschließlich den Universitäten zugutekommen sollen, sehe ich da keinerlei Zusammenhang.

Jedem logisch denkenden Mensch sollte hingegen klar sein, dass gerade die „Privilegierten“, die mit Studiengebühren zur sozialen Verantwortung gezogen werden sollen, keinerlei Probleme haben, die „nur“ 83 Euro im Monat aufzubringen, während diejenigen, die sich ihren Weg aus den so genannten unteren Schichten bis zur Universität hart erkämpft haben, so noch höhere Hürden überwinden müssen. Und was ist wohl die Konsequenz daraus, dass Abiturienten aus weniger gut betuchtem Hause vom Studium abgeschreckt werden? Sie fangen eine Ausbildung an und nehmen so den Haupt- und Realschülern die ohnehin viel zu knappen Ausbildungsplätze weg.

Gebührenfreies Studium und ordentliche Bildung für alle mit der richtigen Umverteilung der Ressourcen (z. B. mal einen Panzer oder Kampfjet weniger) sind nicht nur miteinander vereinbar, sondern Variationen desselben Themas: sozial gerechte Bildung.

NINA SITT, Frankfurt am Main

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