Basis will überzeugt werden

Das mögliche Bündnis mit der GAL stellt die CDU vor ein Problem: Sie muss ihren Mitgliedern eine schwarz-grüne Koalition schmackhaft machen, ohne Inhalte aus den Verhandlungen preiszugeben

VON MARCO CARINI

Nicht nur an der grünen Basis bedenkenträgert es zuweilen gegen eine Koalition mit der CDU. „Mails über Mails“, sagt auch der verkehrspolitische Sprecher der Christdemokraten, Klaus-Peter Hesse, schickten besorgte Mitglieder dieser Tage an die Parteizentrale am Leinpfad sowie an einzelne CDU-Funktionsträger. Die einhellige Botschaft: Lasst euch von der GAL nicht über den Tisch ziehen! Besonders die kursierenden Zugeständnisse der CDU im Bereich der Schulpolitik – Stichwort: sechs Jahre gemeinsamen Lernens – beunruhigen Hesse zufolge viele altgediente Unionsmitglieder.

Aber auch die wirtschaftspolitisch aktiven Parteigliederungen flankieren die Koalitionsgespräche mit massiven Vorbehalten und anti-grüner Skepsis. Nun komme es drauf an, so Hesse, „die eigene Basis mitzunehmen“. Doch wie macht man das – ohne Verhandlungsinterna auszuplaudern, über die die Delegationen strengstes Stillschweigen vereinbart haben?

Frank Schira, der neue Chef der Bürgerschaftsfraktion, trat am Donnerstagmorgen auf einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrates an, diesen Spagat zu meistern. Im Steigenberger-Hotel verbreitete er zu früher Stunde mit wolkigen Worten Aufbruchstimmung. „Gut vorbereitet“ sei die GAL, „respektvoll der Umgang“ miteinander, „große Übereinstimmungen in der Haushaltspolitik“ habe man auch bereits feststellen können, so Schira: Gräben seien zugeschüttet, Brücken gebaut worden. „Die Chancen, dass am Ende der Verhandlungen ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis steht, sind gut“, sagte er. Doch wie das aussehen könnte, darüber musste sich der Fraktionschef ausschweigen.

„Schira Optimismus“ wortspielte prompt einer der rund 70 Zuhörer und traf damit die Stimmung. Die Anwesenden bohrten nach – und stießen bei Schira auf Granit: Warum es mit der SPD trotz größerer inhaltlicher Übereinstimmungen nicht ginge, mochte er gerade noch begründen: „Rückwärts gewandt und ohne Vision“ sei die SPD-Delegation in dem Sondierungsgespräch aufgetreten, nur darauf bedacht, bestimmte soziale Einschnitte wieder zurückzunehmen – koste es, was es wolle.

Mit den Grünen, die schon in der Opposition „kreativer und damit für uns ärgerlicher gewesen“ seien, lasse sich hingegen trotz aller strittigen Punkte eine Zukunftsperspektive für Hamburg entwickeln – und gleichzeitig Haushaltsdisziplin wahren. Zudem sei die Berliner große Koalition „kein Beispiel für eine gute Zusammenarbeit“ und damit wirklich kein Modell, „nach dem man sich sehnen sollte“.

Doch die besorgten Teilnehmer der morgendlichen Runde waren damit noch nicht auf Kurs zu bringen. Immer wieder wurden Bedenken laut, ob die Bereiche Wirtschaft und Hafen, Bildung und Forschung mit der GAL unionskompatibel zu meistern seien. Und so musste Frank Schira dann doch noch ein paar Wasserstandsmeldungen abgeben. Die aber blieben so nebulös, „dass ich nicht morgen früh zum Bürgermeister zitiert werde“.

An der Elbvertiefung sei nicht zu rütteln, doch beim Kohle-Kraftwerk Moorburg müsse die CDU akzeptieren, „dass dieser Punkt für die GAL essentiell“ sei. Nein, die City-Maut würde die GAL wohl nicht so einfach durchsetzen können und eine vollständige Abschaffung der Studiengebühren wohl auch nicht. Ja, das Amt des Wirtschaftssenators werde die CDU für sich reklamieren, doch für Namen sei es noch viel zu früh.

Mehr war aus Schira an diesem Morgen nicht rauszuholen. Die meisten Anwesenden gaben sich damit zufrieden – einige angesteckt von der schwarz-grünen Koalitionseuphorie, andere weiterhin so skeptisch und voller Zweifel wie zuvor.

Abgerechnet wird zum Schluss: Dann, nach Ende der Verhandlungen, will Schira noch einmal vor dem Wirtschaftsrat in die Bütt steigen und Klartext reden. Um auch dieses Gremium mitzunehmen – auf die Reise in eine schwarz-grüne Zukunft.