Lauter gezogene Zähne

Der THW Kiel gewinnt zum fünften Mal den Deutschen Handball-Pokal: Am Sonntag besiegte das Team von Trainer Noka Serdarušić den HSV Hamburg mit 32 : 29. Den entscheidenden Beitrag dazu lieferte Kiels Torhüter Thierry Omeyer

Der Chef und sein Lehrmeister, sie haben die gleiche Gestik. Wenn sie ruhiges Spiel von der Mannschaft fordern, weil die ihre Chancen ohne Kopf wegwirft, dann senken sie die rechte Hand zwei-, dreimal, gleichzeitig, ohne sich abzusprechen. Der eine hinter der Auslinie, der andere mitten auf dem Spielfeld. Sie verstehen sich blind. Der Chef, Stefan Lövgren, und sein Lehrmeister, Noka Serdarušić, sie haben am Wochenende zum fünften Mal den DHB-Pokal nach Kiel geholt. Mit 32 : 29 besiegte der THW Kiel am Sonntag im Finale in der Hamburger Color Line Arena den HSV Hamburg.

Danach verzogen beide kaum eine Miene – und trotzdem sind solche Siege für Serdarušić kein Selbstverständnis. „Das war nicht irgendein Spiel, das war die Arbeit eines ganzen Jahres“, sagte Serdarušić später. Und der Chef: Lövgren schaute beim Abpfiff auf den Videobildschirm an der Hallendecke, dann in Richtung seiner Mannschaft, ging zu seinem Team, wurde in die Mitte der im Kreis Hüpfenden gedrängt, hüpfte nicht, lächelte nur kurz. Später sagte er, dass sich der Sieg so schön anfühle wie beim ersten Mal.

Er und die Mannschaft hatten zuvor eine Halbzeit lang schlecht in der Abwehr gestanden, den Hamburger Kyung-Shin Yoon neun der 18 HSV-Tore werfen lassen, im Angriff Bälle immer wieder ohne Not verworfen. Zudem bekam weder Thierry Omeyer noch Matthias Andersson eine Hand an die Würfe der Hamburger. Die Kieler lagen nach 30 Minuten mit 17 : 18 hinten.

In der zweiten Halbzeit spielte der THW wie ausgewechselt. Die Abwehr war aggressiv, Torwart Thierry Omeyer hielt mehr als ein Dutzend Bälle und war letztlich spielentscheidend. „Omeyer hat unseren Rückraumspielern den Zahn gezogen“, bekannte HSV-Trainer Martin Schwalb. „Wir müssen jetzt nicht in Tränen ausbrechen. Wir haben ein Finale verloren“, sagte er. Vor allem, weil seine Mannschaft nicht ganz fit war: Die Gille-Brüder Bertrand und Guillaume waren erst zum Halbfinalspiel gegen die HSG Nordhorn am Vortag, dass der HSV mit 34 : 32 gewann, wieder in die Mannschaft zurückgekehrt. Torsten Jansen und Stefan Schröder konnten verletzungsbedingt nicht spielen. Schwalbs Blick war denn eine halbe Stunde nach der Partie wieder nach vorn gerichtet. Der HSV spielt am Mittwoch gegen Balingen, am Sonntag bei Ciudad Real das Halbfinalhinspiel in der Champions League.

Und der THW Kiel? Der hat beim Final Four gezeigt, dass er die beste Mannschaft der Liga ist. Am Sonntag kommt der FC Barcelona zum Halbfinalhinspiel in der Champions League in die Ostseehalle. Und vielleicht kommt es Ende April wieder zum Duell gegen den HSV, in der Champions League?

Stefan Lövgren wird dann wieder auf dem Feld die Gestik seines Lehrmeisters übernehmen. Er wäre der perfekte Nachfolger, wenn Serdarušić mal abtritt als Meistermacher. Aber Lövgren ist noch nicht so weit, er will „den Job noch nicht machen, den der Alte macht“, sagte er vor kurzem zu Serdarušić. Er will im kommenden Jahr wieder das Final Four gewinnen, als Spieler.

Christina Stefanescu