Ost gegen West, Nord gegen Süd

Anfang Mai soll es einen neuen Anlauf für die Förderalismusreform II geben. Großer Knackpunkt ist dabei die Frage, ob sich Bund und Länder beim Schuldenmachen den strengen Regeln des Maastricht-Vertrags unterwerfen werden

BREMEN taz ■ Die beste Nachricht ist die, dass es weitergeht. Obwohl immer wieder laut über ein Scheitern der Föderalismusreform II spekuliert wird. Es geht ums Geld, da steht Ost gegen West, der reiche Süden gegen den Norden und der Bund gegen die Länder. Aber die Kommissionsvorsitzenden Günther Oettinger (CDU) und Peter Struck (SPD) halten an ihrem Ziel fest: Anfang Mai soll es Eckpunkte für eine Lösung geben.

Vier Jahrzehnte lang haben Bund und Länder immer mehr Schulden aufgehäuft, die Summe liegt inzwischen bei 1.600 Milliarden Euro. Dennoch wollen SPD-Chef Kurt Beck und einige Getreue eine förmliche Schuldenbremse gern verhindern und haben eine parteiinterne Arbeitsgruppe gebildet. Treibende Kraft auf SPD-Seite ist der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel. Er mahnte jüngst, auch prominente SPD-Linke müssten in diese Parteiarbeitsgruppe eingebunden werden.

Schuldenbremse, das würde bedeuten: Bund und Länder unterwerfen sich in verbindlicher Form den Maastricht-Stabilitätskriterien. Die Neuverschuldung darf danach in einem Jahr 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten, die Gesamtschulen müssen unter 60 Prozent des BIP liegen. Mit 1,6 Billionen Euro Gesamtschulden liegt Deutschland deutlich darüber, hat jüngst die CDU/CSU-Bundestagsfraktion festgestellt. Daraus müsste eigentlich folgen, dass keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden dürfen.

Das hätte den Vorteil, dass man sich nicht weiter darüber streiten müsste, wie die Neuverschuldungsquote von 0,5 Prozentpunkten auf Bund und Länder aufgeteilt werden soll. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte einmal erklärt, er beanspruche 0,35 Prozentpunkte für den Bund, der habe schließlich den Löwenanteil der Finanzverantwortung und der Schulden. Die Länder lehnten das ab.

Bund und Länder sollten laut diesem Konzept gleichzeitig Übergangsregelungen formulieren, die angeben, bis wann wer einen ausgeglichenen Haushalt schaffen könnte. Drei haben angemeldet, dass sie das aus eigener Kraft sowieso nicht schaffen: Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein. Ihre Haushaltsrechnungen werden derzeit überprüft – und wenn sie anerkannt werden, soll den dreien geholfen werden.

Mitte April soll die Kontrollrechnung vorgelegt werden. „Im Fall von Schleswig-Holstein erschließt es sich mir nicht, warum ein Etatausgleich unmöglich sein sollte“, hat der Pfälzer Deubel vorab erklärt. Dieses Land stehe so ähnlich da wie Rheinland-Pfalz. Das Saarland habe es schwerer und „Bremen wahrscheinlich wirklich ein Problem“, meinte er.

Berlin hatte geschwiegen, als die Frage aufkam, wer aus eigener Kraft die Sanierung der Finanzen nicht schaffen könne. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) poltert seitdem gegen die drei potenziellen Hilfeempfänger und meint: Dass den dreien geholfen werde und der Bundeshauptstadt nicht, das sei unmöglich.

Das Bundesfinanzministerium scheint inzwischen die Haushaltsprognosen der drei weitgehend anzuerkennen: Schleswig-Holstein, das Saarland und Bremen schaffen es aus eigener Kraft nicht aus der Schuldenfalle, auch wenn sie sich härtesten Ausgabenbegrenzungen unterwerfen und mit ihrem Ausgabenwachstum um 2 Prozent unter dem Wachstum der Steuereinnahmen bleiben. Von Spielraum für Schuldenabbau kann auf Jahre hinaus keine Rede sein.

Über eine größere Reform der Bund-Länder-Finanzen redet derzeit niemand mehr, genauso wenig wie über eine Länderneugliederung. Selbst die lange Liste der Verwaltungsvereinfachungen soll wieder in der Schublade verschwinden, forderte Deubel. Nur so könne ein termingerechtes Ergebnis erreicht werden.

Der Bund hatte sich bisher geweigert, sich an einer Altschuldenregelung der Länder zu beteiligen, und stattdessen eine Reihe von Zentralisierungen gefordert. Insbesondere eine zentrale Steuerverwaltung könnte pro Jahr 1 Milliarde Euro mehr in die Kasse bringen, hatte sich das Finanzministerium von externen Wirtschaftsprüfern vorrechnen lassen. KLAUS WOLSCHNER