Wunschkonzert vor dem Hotel

CDU und GAL sprechen nach den Koalitionsverhandlungen über die Schul- und Bildungspolitik von „weitgehender Einigkeit“. Zuvor waren die Delegationen von Demonstrierenden begrüßt worden

VON KAIJA KUTTER
UND SVEN-MICHAEL VEIT

Von „weitgehender Einigkeit“ zwischen CDU und GAL in der Schul- und Bildungspolitik wussten Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch am Dienstag Abend zu berichten. Die Ganztagsgrundschulen sollen ausgebaut werden, es werde „flexible Eingangsstufen“ geben für den Übergang von der Kita in die Vorschule, das Elternwahlrecht aber bleibe „unangetastet“. Zudem solle es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz künftig ab dem zweiten Lebensjahr geben.

Mehr wollten die VerhandlungsführerInnen nach dem fünften Tag der Koalitionsverhandlungen nicht sagen. Das werde erst bei der „Schlussbewertung“ möglich sein, so von Beust. Immerhin sei allen Beteiligten bewusst, ergänzte CDU-Parteichef Michael Freytrag, „dass wir in der entscheidenden Phase“ seien.

Begrüßt worden waren die Delegationen vor dem Tagungshotel Grand Elysee an der Moorweide von fast 100 Demonstrierenden mit einem breit gefächerten Kanon an Forderungen. Abgesandte von AStA und Fachschaftsrätekonferenz der Universität Hamburg mahnten die Abschaffung der Studiengebühren an, drei Studierende blockierten liegend kurzzeitig den Hoteleingang.

VertreterInnen der Vereinigung der Kindertagesstätten forderten auf Transparenten, dass Fünfjährige weiterhin in Kitas gehörten: „Keine Restbetreuung in den Kitas“, Elternräte – unter anderem vom Gymnasium Allee in Altona – schlugen satirisch die „zehnjährige Grundschule“ vor. Die GEW und die Volksinitiative „Eine Schule für Alle“ hingegen forderten ernsthaft längeres gemeinsames Lernen aller SchülerInnen. Dies sei im Grundsatz bereits mit der CDU geklärt, sagte Goetsch. Jetzt gehe es „um die konkrete Ausgestaltung. Das ist eine Frage der Verhandlung“.

Gesprochen wurde hinter verschlossenen Türen auch über ein Papier von Michael Voges, Staatsrat der Bildungsbehörde. Im Auftrag des Bürgermeisters hatte der Sozialdemokrat, der am Dienstag mit am Verhandlungstisch saß, die Eckpunkte für eine sechsjährige Grundschule skizziert. In der Forschung gebe es keine Belege, dass die Verlagerung der „Selektionsentscheidung von Jahrgang 4 auf die Jahrgangsstufe 6“ negativ wirken könne, heißt es dort. Über den Übergang an die weiterführende Schule nach der sechsten Klasse solle dann die Schule entscheiden, allerdings „auf der Grundlage einer kompetenzorientierten Diagnostik“.

Die Eltern hätten dann ein Widerspruchsrecht, das im Zweifelsfalle zu einem besonderen Aufnahmeverfahren führt. Ausgenommen von dem Modell sollen laut den Planungen die drei altsprachlichen Gymnasien Christianeum, Johanneum und Wilhelm-Gymnasium sein, die weiterhin ab Klasse 5 starten sollen.

Der Druck der Gymnasiallobby auf die CDU im Vorfeld war so groß, dass sie nach taz-Informationen mit einem aufgeweichten Vorschlag in die Verhandlungen gingen. Dieser setzt auf das Prinzip der Freiwilligkeit der beteiligten Schulen. Demnach könnten sich mehrere Grundschulen mit einem Gymnasium oder einer Stadtteilschule der Region zusammenschließen und würden dafür mit einer besseren Lehrerversorgung belohnt. Die anderen Schulen könnten bei der vierjährigen Grundschule bleiben. Allerdings hatte die GAL im Sondierungsgespräch vor drei Wochen ein vergleichbares Angebot von Modellschulen als unzureichend abgelehnt.

Eine leichte Entschärfung erfuhr gestern im Vorfeld der Konflikt mit den Kitas um die Vorschulkinder. So pocht die GAL nicht auf eine generelle Schulpflicht für alle Fünfjährigen, sondern setzt auf flexible Lösungen. Das geplante nullte Schuljahr könnte somit zunächst nur dort eingeführt werden, wo es bereits Vorschulklassen gibt.

Fortgesetzt werden die Verhandlungen am Donnerstag und Freitag mit den Themenkomplexen Soziales, Stadtentwicklung, Integration und Gesundheit. Am heutigen Mittwoch hingegen treffen die Möchtegern-Koalitionäre im Rathaus auf die rot-rote Opposition. Zur zweiten Sitzung der neuen Bürgerschaft fordert die in zwei Anträgen die Abschaffung der Studiengebühren. Die SPD möchte zudem Klarheit über die Mehrkosten bei der Elbphilharmonie, und die Linke verlangt die Abschaffung von Hartz-IV-Löhnen im Hamburger öffentlichen Dienst.