VORMERKEN
: Es gibt ein süßes Leben im bitteren

Für die richtige Trostlosigkeit muss man sich mal so ein Bündel auf einer Pritsche vorstellen, und daneben sitzt der Gust, wie in Herbert Achternbusch in seinem gleichnamigen Theaterstück beschrieben hat. Das ist ein griesgrämiger und verstockter Alter, und manchmal röchelt das Bündel, weil das eigentlich dem Gust seine Frau ist, die gerade stirbt. Nur einmal richtet sie das Wort an ihren Mann und bittet ihn um ein „süßes Wort“. Und der Gust, der sagt: „Honig“. Weil ihm das halt als Erstes eingefallen ist, von Berufs wegen. Denn der Gust ist auch ein Imker, und genauso gut hätte er sagen können Zucker, Bonbon, Pudding oder Schokolade, weil das eben diese herrlichen Süßwarenworte sind, mit denen man selbst im Leben ein wenig Trost (den der Gust natürlich gar nicht geben will) findet. Wie aber dieser Trost überhaupt den Weg in die heute reich sortierten Süßigkeitenregale fand, darf man in der Ausstellung „Süße Verlockung. Von Zucker, Schokolade und anderen Genüssen“ im Freilichtmuseum Domäne Dahlem abschreiten, mit alten Reklameschildern etwa. So Seltsamkeiten wie eine Schokoladenschallplatte gibt es zu sehen, und auch die Frage, seit wann die Kühe lila sind, wird geklärt. Das süße Leben eben, ab morgigen Donnerstag in Dahlem zu haben. TM

Süße Verlockung: Freilichtmuseum Domäne Dahlem, Königin-Luise-Straße 49 3. April bis 31. Dezember, Mi.–Mo. 10–18 Uhr. 2/1 Euro, mittwochs frei