Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Leo McCarey gehörte zu den erfolgreichsten Regisseuren des klassischen Hollywood-Studiosystems, obwohl man seine Arbeitsweise als eher untypisch für die gewöhnlich gut organisierte Traumfabrik bezeichnen kann. Denn McCarey, der Mitte der 1920er-Jahre federführend an der Entstehung von Laurel-&-Hardy-Komödien mitgewirkt hatte, war es gewohnt, viele Dinge zu improvisieren. Auch später hatte er nur selten ein fertiges Drehbuch, sondern spielte am Set lieber Klavier, bis ihm etwas Brauchbares eingefallen war. Am Ende baute er seine Filme dann meist Szene für Szene um die Filmfiguren auf, während er die Gesamtkonstruktion seiner Geschichte leicht aus den Augen verlor. Natürlich bekam er mit seiner Vergangenheit als Slapstick-Spezialist auch immer wieder Aufträge für Komödien – egal welcher Sorte. So konnte McCarey nach eigenem Bekunden mit der Komik der Marx Brothers, deren Film „Duck Soup“ er 1933 inszenierte, nur wenig anfangen. Also ließ er die Marx Brothers einfach Laurel & Hardy spielen: Zwei Szenen Harpos mit Edgar Kennedy sind wahre Musterbeispiele der sogenannten „tit-for-tat“-Komik und haben mit der eigentlichen Farce um einen Diktator (Groucho), der einen Krieg anzettelt, weil er bereits das Schlachtfeld gemietet hat, gar nichts zu tun. Eine Sequenz, in der Harpo und Chico in ein Haus eindringen wollen, um dort Geheimpläne zu stehlen, beschwört hingegen deutliche Erinnerungen an Stans und Ollies inkompetenten Einbruch in „Night Owls“ herauf. Fans der Marx Brothers gilt „Duck Soup“ trotzdem als einer ihrer besten Filme, weil sich hier die anarchische Komik der Brüder noch ungestört von romantischen Subplots und musikalischen Zwischenspielen entfalten konnte.

Die neunjährige Dänin Katja, ein stilles und eher abweisendes Mädchen, landet unvermittelt in Italien, als sie während eines Gewitters zusammen mit einem aus dem Horst gefallenen Falken auf der Ladefläche eines Lkw mit Fahrtrichtung Süden Unterschlupf sucht. Das ist zwar nicht realistisch, doch darum geht es auch gar nicht. Wichtig ist vielmehr, dass die kontaktscheue kühle Blonde unter südlicher Sonne und mit vier fröhlichen kleinen Italienern an ihrer Seite langsam auftaut und sich der ihr fremden Lebensweise öffnet. Fast ohne Worte erzählt Lars Hesselholdt in seinem anregenden Kinderfilm, wie Katja, deren Eltern nie Zeit für sie haben und ihr lediglich Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, ihre schon leicht verkümmerten Fähigkeiten zur Kommunikation wiederentdeckt. Dabei kann sich der Regisseur in „Katja und der Falke“ ebenso auf seine klare Bildsprache wie auf die überzeugenden Darsteller verlassen.

Eine Band macht Schluss: 1977 filmte Martin Scorsese das mit Gaststars (von Neil Young über Van Morrison bis Bob Dylan) gewürzte Abschiedskonzert von The Band und ließ die Musiker über anderthalb Jahrzehnte nicht nur rosiges Leben auf Tour parlieren. Und das ist inhaltlich, filmisch und musikalisch allemal interessanter als Scorseses jüngster Wir-machen-weiter-bis-wir-umfallen-Konzertfilm mit den Stones. LARS PENNING

„Duck Soup – Die Marx Brothers im Krieg“ 8. 4. im Arsenal

„Katja und der Falke“ 5.–7. 4. im Nickelodeon; 9. 4. im Bali-Kino

„The Band – The Last Waltz“ (OF) 3.–9. 4. Brotfabrik