Der Spatz in der Hand wäre schon viel

In Hamburg gibt es besonders viele seltene Tiere und Pflanzen. Doch diese biologische Vielfalt ist bedroht. Der Senat kennt die größten Probleme, ist aber weit von deren Lösung entfernt. Das gilt besonders für den Flächenverbrauch

Die Spatzen würden es von den Dächern pfeifen, wenn sie noch zahlreich genug wären: Hamburg droht seine biologische Vielfalt einzubüßen. Der einst allgegenwärtige Haussperling gehört in der Stadt zu den bedrohten Tierarten und steht für einen rasch voranschreitenden Verlust an Arten und Lebensräumen. Bei einer Konferenz auf Einladung des Senats erläuterten Experten am Freitag, wie es um diese Vielfalt bestellt ist und wie sie gerettet werden könnte. Umweltstaatsrätin Herlind Gundelach (CDU) hatte dazu freilich wenig mehr als ehrenwerte Absichtserklärungen zu bieten.

Der Senat brachte das Thema aufs Tapet, weil Ende Mai in Bonn die neunte Vertragsstaatenkonferenz der internationalen Konvention über die Biologische Vielfalt stattfindet. Die Bundesländer haben deshalb vereinbart, das Thema „Biodiversität“ ins Bewusstsein zu rücken.

Wie der Frankfurter Biologe Bruno Streit erklärte, gibt es weltweit grob geschätzt 10 Millionen Tier- und Pflanzenarten. Jährlich sterben vermutlich 80.000 davon aus. Diese Rate gilt im erdgeschichtlichen Maßstab als sehr hoch und wird überwiegend der Ausbreitung des Menschen zugeschrieben.

In Hamburg ist die Artenvielfalt besonders groß. Das liegt an der Lage zwischen Geest und Marsch an der Tideelbe. Die Stadt beherbergt zwei Pflanzenarten, die nur an der Unterlebe vorkommen: den Schierlings-Wasserfenchel und die Wibelschmiele. 14 der deutschlandweit 21 Amphibienarten sind hier zu Hause. Bis auf die Erdkröte gelten sie alle als bedroht. Von 60 Tagfalterarten gelten nur neun als ungefährdet.

Die größte Gefahr für die biologische Vielfalt bestehe im Verlust von Freiflächen, sagte Staatsrätin Gundelach. Der jährliche Flächenverbrauch hat sich nach der Regierungsübernahme durch die CDU verzweieinhalbfacht. Trotzdem behauptete Gundelach, der Senat sei auf dem Weg eines Kompromisses. Als „strategische Ziele“ nannte sie weitere Naturschutzflächen, einen Biotopverbund und die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.

Letzteres würde allein bei der Alster 100 Millionen Euro kosten, sagte Manfred Braasch vom BUND. Davon finde sich nichts in der Finanzplanung. Der Biotopverbund stehe schon seit einem Jahr im Naturschutzgesetz. Das Konzept hierfür fehle.

GERNOT KNÖDLER