Niedersachsen entdeckt die Bio-Bauern

Niedersachsen will vom Öko-Boom profitieren: Zuschüsse für die Umstellung auf biologische Landwirtschaft werden fast verdoppelt. Überfällig, sagen Anbauverbände. Wegen Mangel wird längst importiert

Bio boomt. Allein im vergangenen Jahr ist der Umsatz in der Branche um 15 Prozent auf fünf Milliarden Euro gestiegen, die Anbaufläche in Deutschland aber nur um rund fünf Prozent. Folge: Immer mehr Bioprodukte kommen aus Osteuropa und Übersee. Das lag auch am „Agrarland Nummer 1“, ein Titel, mit dem sich Niedersachsen gerne schmückt. Hier bewirtschaften 1.200 von insgesamt 49.000 Höfen ihre Flächen ökologisch. Der Anteil der Fläche liegt nur bei drei Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern sind es dagegen rund zehn Prozent.

Ein Besuch auf der Biofach in Nürnberg, der weltgrößten Ökomesse, hat den bislang biokritischen Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) bekehrt. Ab 2009 wird die Umstellungsprämie für angehende Öko-Bauern in Niedersachsen fast verdoppelt. Der Zuschuss pro Hektar soll von bislang 137 auf 262 Euro steigen, etwa so hoch wie bereits 2006. Vor allem in der zweijährigen Umstellungsperiode sollen Bio-Bauern gepäppelt werden: „Wir wollen sie gerne zu Wasser lassen, schwimmen müssen sie schon selber“, sagt Sprecher Gert Hahne. Bedarf sieht er bei biologisch erzeugtem Getreide, Raps, Zuckerrüben sowie Biomilch.

Die Grünen finden, dass Ehlen den Trend verschlafen hat. „Der Landwirtschaftsminister nimmt damit endlich die von ihm selbst veranlasste Kürzung der Ökolandbauförderung zurück“, sagt der Agrarexperte Christian Meyer. Angesichts der Zuwachsraten gebe es viel zu wenig einheimische Produktion. Dabei zahlt das Land nur ein Fünftel der Zuschüsse, der Rest kommt von Bund und EU.

„Ein längst überfälliger Schritt“, sagt auch Harald Gabriel, Geschäftsführer von Bioland Niedersachsen- Bremen, einem der großen Anbauverbände. „Wir brauchen ganz dringend Ackerbauflächen“, sagt Gabriel und rät Landwirten, sich zu sputen: Die Antragsfrist für die Förderung endet am 15.Mai.

Ob Niedersachsen den Rückstand aufholen kann, ist fraglich: Bayern fördert im kommenden Jahr die Umstellung auf Bioanbau mit 300 Euro pro Hektar und Jahr, Österreich hat bei Bio-Milch einen Preisvorteil von vier Cent pro Liter. Auch Tschechien, Polen oder Ungarn fördern die Umstellung höher.

Nach Schätzungen sind inzwischen bis zu 40 Prozent der Bioeier und rund die Hälfte der Öko-Möhren Importe. An den Ladentheken rollt bereits der nächste Trend an: Regionale Herkunft dürfte bald wichtiger als Bio werden. KAI SCHÖNEBERG