ENDLICH SETZT DIE UNO DEM SCHADSTOFFAUSSTOSS VON SCHIFFEN GRENZEN
: Den Schwung nutzen

Mal was Erfreuliches: Die Seeschifffahrtsagentur der Vereinten Nationen, IMO, hat sich durchgerungen, den Schadstoffausstoß von Schiffen zu begrenzen. Künftig sollen „sauberere“ Treibstoffe zum Einsatz kommen. Endlich ist ein Ende der skandalösen Koalition von Reedereien und Ölkonzernen absehbar, die jahrzehntelang Mensch und Umwelt verseuchen konnten: Die einen verbrannten in ihren Schiffsmotoren die Ölabfälle, welche die anderen in ihren Raffinerien erzeugten.

Die Entscheidung der IMO beweist, dass Hartnäckigkeit erfolgreich sein kann. Seit Jahrzehnten galt das Problem der Schiffsemissionen als unlösbar. Bei der international organisierten Schifffahrt machen nur weltweite Abkommen einen Sinn, und die IMO hat sich bisher als Fürsprecherin der Reedereibranche und der für sie agierenden Regierungen erwiesen. Erst im vergangenen Jahr änderte sich das. Auf einmal war nämlich nicht nur die eher anonyme „Umwelt“ als Opfer qualmender Schornsteine im Gerede. Sondern auch jährlich etwa 60.000 Bewohner von Hafenstädten und Küsten, die jährlich vorzeitig sterben, weil sie den Schadstoffen der Schiffe ausgesetzt sind. Sie lassen sich konkret auf jeweils mehrere tausend in Hamburg, Kopenhagen oder Genua herunterrechnen. Das hat dem Thema in der Politik und auch bei den Kunden der Reedereien endlich die Brisanz verschafft, die es seit langem verdient hätte.

Doch gerade weil der bisherige Widerstand gegen einheitliche Regeln nun so urplötzlich verschwunden zu sein scheint, gilt es wachsam zu sein. Der Schwung muss genutzt werden, aus dem formal noch lediglich vorläufigen IMO-Beschluss ein verbindliches Regelwerk ohne Hintertürchen zu zimmern. Der durchaus vorhandene nationale und lokale Spielraum – landseitige Stromversorgung in den Häfen, weitere Sonderregionen für Niedrigschwefeltreibstoff – kann noch besser genutzt werden. Die Frage, inwieweit die bei klimagasreduzierenden Maßnahmen bislang noch völlig ausgeklammerten CO2-Emissionen der Schifffahrt in ein Nach-Kioto-Regelwerk eingehen sollen, muss angegangen werden. REINHARD WOLFF