Information erhalten, Deckel zu

Deutschlands größter Steuerkrimi spielt in Rostock, Lübeck, Liechtenstein – und in einer undankbaren Nebenrolle ist nun auch die Bremer Steuerfahndung aufgetaucht. Die wusste offenbar schon 2005 Bescheid

War es Behördenversagen? Oder der Ausdruck eines ausgeprägten Rechtsbewusstseins? Die Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) musste sich gestern der versammelten Presse stellen: Was in ihrem Hause als „brisanter Vorgang eingestuft“ werde, darüber werde sie sich mit ihrem Ressort gewiss einigen. Dieser Konsens sei für sie ja „eine Frage des politischen Überlebens“.

Anlass für die dramatischen Worte: Die Frankfurter Rundschau hatte publik gemacht, dass auch die Bremer Steuerfahndung eine Nebenrolle bei Liechtenstein II spielt – dem bislang größten Steuerkrimi der deutschen Geschichte. Und es ist fraglich, ob sie dabei angemessen agiert hat.

Hauptfigur von Liechtenstein II ist der 48-jährige Ex-Bankräuber Michael F. In Rostock muss er sich mit drei weiteren Angeklagten aus dem Großraum Lübeck wegen Erpressung vor Gericht verantworten. Ihr Opfer: Die Liechtensteinische Landesbank (LLB): Neun Millionen Euro soll das Geldhaus zwischen August 2005 und September 2007 an die Bande gezahlt haben – für Depot-Informationen deutscher LLB-Kunden, die sich F. und Co. angeeignet hatten.

Bereits im Juli 2005 allerdings war ein Anwalt in F.’s Auftrag beim Bremer Finanzressort vorstellig geworden. Er offerierte dem Referatsleiter Steuerfahndung, Hans-Joachim von Wachter, zunächst drei, dann weitere neun Depotauszüge – von gut betuchten Hinterziehern. Insgesamt verfüge er über 2.300 Depotkopien. Preis: Verhandlungssache. „Das alles“, so Linnert gestern „ist in unseren Akten sehr gut dokumentiert.“

Von Wachter prüfte die Daten, bemerkte dass sie werthaltig waren. Aber: Bremer waren nicht betroffen. Also leitete er, was er bekommen hatte, an die sieben zuständigen Bundesländer weiter, schrieb einen letzten Vermerk. Und klappte den Ordner zu. Den damaligen Finanzsenator oder dessen Staatsrat informierte er nicht. Ein Fehler?

„Aus heutiger Sicht“, so Linnert, „hätte man das wahrscheinlich anders bewertet.“ Hinweise auf eine Verfehlung im dienstrechtlichen Sinn gibt es allerdings nicht: Zwar müssen „Vorgänge von besonderer Bedeutung“ der jeweiligen Ressortspitze gemeldet werden. Aber was heißt besonders? „Wenn ein prominenter Bremer dabei gewesen wäre“, so Jürgen Ahrens, von Wachters Nachfolger. Der nämlich – gestern wegen Krankheit nicht zu erreichen – hat das Ressort gewechselt. Er ist jetzt Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz. BES