Amoklauf angedroht

Amtsgericht verurteilt 20-Jährigen zu 20 Stunden Freizeitarbeit. Er habe sich verbal danebenbenommen

Im Dezember 2006 war Fatih Ü. 18 Jahre alt und ein verliebter Oberschüler, der die 11. Klasse wiederholen musste. Unbedacht und aus einer pubertierenden Laune heraus äußerte er gegenüber einer Mitschülerin, er wolle zwei Mädchen die Köpfe abschlagen und plane einen Amoklauf. Das Mädchen war geschockt und redete darüber mit ihren Schulfreundinnen, von denen sich eine an den Direktor wandte. Ü. musste die Schule wechseln. Am Donnerstag wurde der heute 20-Jährige vom Amtsgericht zu einer Strafe von 20 Stunden Freizeitarbeit und drei Gesprächen über dieses Thema bei der Gerichtshilfe verurteilt.

Ü. ist ein kleiner, untersetzter Mann mit Bartstoppeln, der älter wirkt, als er ist. Er kam ohne Anwalt zur Verhandlung. In deren Verlauf fällt es ihm schwer, die Handlung zu schildern. Nach vielen, manchmal nebulösen Sätzen versteht das Gericht so viel: Er habe mit einem ihm unbekannten Mädchen gechattet und ihr von der Liebe zu einer Mitschülerin berichtet. Die Chatterin fragte ihn, was er machen würde, wenn es mit dem Mädchen nicht klappt. „Da habe ich gesagt, vielleicht einen Amoklauf machen, vielleicht ausrasten?“

Am nächsten Tag teilte ihm eine Mitschülerin mit, er brauche sich keine Hoffnungen auf ihre Cousine machen, die sei nicht an ihm interessiert. Die Mitschülerin schildert dem Gericht, Fatih habe ihr gesagt, dann würde er dem Mädchen den Kopf abschneiden. Außerdem habe er ihr einen Ausdruck mit dem Chat-Gespräch gezeigt. Dort las sie etwas von Amoklauf.

Vor Gericht erscheint auch ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Er konnte bei Ü. keine fundamentalistischen Tendenzen feststellen und sah auch kein Bedrohungsszenario. Der Angeklagte habe sich pubertär verhalten. Vor zwei Jahren sei man sehr sensibel gegenüber solchen Äußerungen gewesen. Schließlich hatte sich drei Wochen vor der Drohung von Ü. ein 18-Jähriger an einer Schule in Nordrhein-Westfalen bei einem Amoklauf um sich geschossen, mehrere Schüler verletzt und anschließend sich selbst getötet.

Fatih Ü. selbst räumt am Ende der Verhandlung ein: „Ich sollte mehr auf mein Mundwerk achten.“ Das bescheinigt ihm auch der Richter: Der Angeklagte habe sich verbal danebenbenommen. Er habe seine Worte aber nicht ernst gemeint, so das Gericht.

UTA EISENHARDT