Gemeinnützige Rechtsextremisten

Ein Neonazi-Verein in Nordrhein-Westfalen ist womöglich immer noch als gemeinnützig anerkannt – und das, obwohl bereits ein Verbotsverfahren des Bundes läuft. Die Grünen verlangen, dass nun auch die Landesbehörden eingreifen

Die Chefin des Schulungszentrums glaubt an einen göttlichen Auftrag Adolf Hitlers

HAMBURG taz ■ Seit Monaten versuchen die Grünen nun schon vom nordrhein-westfälischen Finanzministerium den Rechtsstatus des rechtsextremen „Collegium Humanum“ zu erfahren. Gilt das Neonazi-Schulungszentrum etwa immer noch als gemeinnützig? Mit dem Verweis auf das Steuergeheimnis verwehrt jedoch der Finanzminister des Landes, Helmut Linssen (CDU), jegliche Auskunft.

An diesem Mittwoch will nun die Grünen-Landtagsabgeordnete Monika Düker mit einen Antrag erneut nachhaken, um dem Verein die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, sollte diese nach wie vor bestehen. „Das Verhalten des Ministers ist nicht nachvollziehbar“, sagt Düker. Denn im November 2007 habe die Innenministerkonferenz auch die Finanzminister aufgerufen, gegen die Finanzierung von rechtsextremen Parteien und Vereinen vorzugehen. „Sollte eine Gemeinnützigkeit vorliegen, sollte sie entzogen werden“, sagt die Grünen-Abgeordnete Düker.

Das „Collegium Humanum“ mit Sitz in Vlotho besteht seit 1963. In der „Volkshochschule“ des Vereins um Ursula Haverbeck-Wetzel kehren immer wieder notorische Holocaust-Leugner wie Ernst Zündel und der rechtsextreme Anwalt Horst Mahler ein. Haverbeck-Wetzel selbst denkt: Adolf Hitler sei „eben nicht vom geglaubten Holocaust“ zu verstehen, „sondern nur von seinem göttlichen Auftrag“. Inzwischen strebt das Bundesinnenministerium ein Verbot des Neonazi-Vereins an.

Vom zuständigen Finanzamt hat Haverbeck-Wetzel laut Recherchen der „Tagesschau“ zwei Bescheide für die Gemeinnützigkeit in den Jahren 1999 bis 2001 sowie den Jahren 2002 bis 2004 bekommen. Im Januar 2008 erklärte die fast 80-Jährige, die wegen ihrer Aussagen zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, dass der Verein noch immer gemeinnützig sei.

Gerüchte aus der rechtsextremen Szene deuten an, dass sich hier unlängst etwas geändert haben könnte. Doch auch diesen möglichen neuen Status möchte das nordrhein-westfälische Finanzministerium nicht bestätigen. „Diese Auskünfte unterliegen dem Steuergeheimnis“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums auf Nachfrage der taz. „Von keiner Finanzbehörde werden sie Angaben zu Steuern Dritter erhalten.“

Dennoch muss sich das Ministerium fragen lassen, warum dem Finanzamt nicht früher schon der rechtsextreme Charakter des Vereins auffiel. Erklärt das Ministerium doch in einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage, dass die Ämter angewiesen seien, „bei Organisationen, bei denen extremistische Bestrebungen erkennbar oder vermutet werden“, besonders strenge Anforderungen an den Nachweis der Gemeinnützigkeit zu stellen. Bei Verdachtsmomenten sollten Regelanfragen beim Innenministerium erfolgen. Das „Collegium Humanum“ wird schon seit 2000 vom Verfassungsschutz beobachtet, wie eine Sprecherin des Innenministeriums auf Nachfrage bestätigt.

Mit ihrem Antrag wollen die Grünen auch erreichen, dass „keinerlei Steuervergünstigungen“ für rechtsextreme Vereine mehr möglich werden. Sollte nach der bisherigen Rechtslage solchen Vereinen die Gemeinnützigkeit nicht aberkannt werden können, müsse die Landesregierung eine entsprechende Bundesratsinitiative ergreifen. Zudem solle die Landesregierung dem Bund bei der laufenden Verbotsinitiative des „Collegium Humanum“ helfen. „Was bringen denn all diese Appelle, man müsse gegen Rechtsextremismus vorgehen, wenn die politischen Handlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden“, klagt die Grünen-Abgeordnete Düker. ANDREAS SPEIT