Schafft eins, zwei, viele 1968

Die sozialen Proteste der späten 60er und frühen 70er Jahre sind 40 Jahre später in aller Munde. Die Tagung „Alte Linke – Neue Linke?“ will vor allem nach deren Vielfalt, Globalität und sozialer Zusammensetzung fragen

Nein, Rainer Langhans wird nicht kommen, wenn am nächsten Wochenende die „Protestbewegungen der 1968er Jahre in Westdeutschland und Europa“ auf der Tagesordnung der Tagung „Alte Linke – Neue Linke“ in der Hamburger Uni stehen. Auch Daniel Cohn-Bendit nicht. Ausdrücklich nicht als romantischen Aufstand junger Helden wollen die VeranstalterInnen die weltweiten sozialen Proteste der späten 60er und frühen 70er Jahre verniedlichen, nicht als Brutstätte des Terrorismus wollen sie sie dämonisieren und nicht als durch den glücklichen Zusammenprall von technisch-wissenschaftlichem Fortschritt und Demokratisierung bewirkten Modernisierungsschub begrüßen.

Stattdessen soll angeregt werden, worauf die derzeitige Debatte verzichte: eine Auseinandersetzung mit der Herausforderung, die die „globale Revolution“ der späten 60er und 70er Jahre bis heute darstellt. Denn während hierzulande in der Beschäftigung mit „68“ zumeist spektakuläre Aktionen in Europa oder den USA im Vordergrund stehen, geraten deren Vorgeschichte und Nachwirkung wie auch die damaligen Proteste in anderen Teilen der Welt aus dem Blick.

Drei Themenkomplexe hat man sich deshalb vorgenommen: die Globalität der Ereignisse, die vielfältige soziale Zusammensetzung der Protestbewegung und die Errungenschaften, Folgen und die Rezeption von „1968“. Am Freitag fragt etwa Angelika Ebbinghaus, was es bedeutet, von einer „globalen Revolte“ zu sprechen: welche Bedeutung hat beispielsweise die Dekolonisierung? Juliane Schuhmacher und Christian Frings beschäftigen sich anschließend mit Ungleichzeitigkeiten: Kann man die Situation in Lateinamerika und Europa vergleichen? Am Samstag arbeiten dann vier AGs zur Zusammensetzung, zu den Folgen, zu den kulturellen Ausdrucksformen und zur Rezeption der „68er“, bevor die wissenschaftlichen und politischen Perspektiven diskutiert werden.

Ein wenig am Rand, wenn auch nur im Abstand von zehn Minuten Fußweg, gerät dann übrigens doch noch ein einzelner Protagonist in den Blick. Peter Chotjewitz liest aus „Mein Freund Klaus“, in dem er die Geschichte von RAF-Anwalt Klaus Croissant erzählt. ROBERT MATTHIES

Tagung: Fr, 25. 4., ab 14.15 Uhr und Sa, 26. 4., ab 10.15 Uhr, Uni Hamburg / Flügelbau Ost, Raum 221. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos, für Kinderbetreuung ist gesorgt. Kontakt für Anmeldung: Bernd Hüttner, ☎ 0421 / 39 09 620, E-Mail: huettner@rosalux.de. Lesung mit Peter Chotjewitz: Fr, 25. 4., 20 Uhr, Buchhandlung im Schanzenviertel, Schulterblatt 55