„Reine Spaßveranstaltung“

Beim autofreien Sonntag am Wochenende in Hamburg geht es um Werbung fürs Radfahren, sagt Uwe Jancke vom ADFC. Als Protest gegen die Verkehrspolitik ist die Sternfahrt im Juni gedacht

UWE JANCKE, 63, ist seit 2004 ehrenamtlicher Vizevorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Hamburg.

INTERVIEW DANIEL KUMMETZ

taz: Kritiker sagen, dass Unterstützer des Aktionstages sich an einer regelrechten Feigenblattpolitik beteiligen. Was entgegnen Sie denen?

Uwe Jancke: Wenn wir uns in die Ecke stellen und schmollen, können wir nichts bewegen. Wir erreichen nur dann etwas, wenn wir als ADFC das Radfahren auch in Zusammenarbeit mit dem Senat fördern.

Dass der Aktionstag nur Symbolpolitik ist, stört Sie nicht?

Ich sehe darin kein Problem. Die Leute sind direkt für uns ansprechbar, wir können sie auf die Vorteile des Radfahrens aufmerksam machen. Allein wegen der Werbewirkung und durch die geführten Touren lohnt sich die Beteiligung für uns. Aber: Wir sind nicht mit dem Senat verheiratet – egal, wer regiert.

Neben ihren Radtouren findet im Stadtpark auch ein Konzert von Lotto King Karl statt. Wie bewerten Sie das Programm des autofreien Sonntags?

Das ist eine reine Geschmacksfrage. Ich sehe die Informationsflut positiv, die von vielen teilnehmenden Organisationen angeboten wird.

Und was sehen Sie negativ?

Dazu möchte ich hier nichts sagen.

Warum nicht?

Weil einfach zu viel geredet und viel zu wenig gehandelt wird.

Die Aktionstage kosten über eine Million Euro pro Jahr. Wäre dieses Geld nicht besser in Radwegen angelegt?

Nicht für Radwege, sondern zur Verbesserung der gesamten Infrastruktur für Radfahrer.

Wann ist der Aktionstag für Sie ein Erfolg?

Es ist ein Erfolg, dass wir über die Autobahn fahren dürfen. Jeder Autofahrer, der sein Auto stehen lässt und das Rad nutzt, zählt: Für das Klima, für seinen Geldbeutel und für seine Gesundheit. Wie viele teilnehmen, hängt von Wetter und Berichterstattung ab.

Von Boostedt nach Tostedt und von Stade bis Ratzeburg – der Hamburger Senat spendiert am 20. April Freifahrten mit Bus und Bahn für alle im HVV-Gesamtbereich, weil der Sonntag in Hamburg autofrei sein soll – freiwillig. Die S-Bahn setzt Sonderzüge ein: Auf der Strecke nach Stade fährt die Bahn im 20-Minuten-Takt, einige Züge werden verlängert. Der „Mobil-ohne-Auto-Tag“ kostet die Hamburger Steuerzahler 300.000 Euro, kommt aber auch dem Umland zugute. Doch auch das Radfahren soll beworben werden: Um 11 Uhr starten an den Bahnhöfen in Ohlstedt, Bergedorf, Harburg und Blankenese geführte Radtouren zum Stadtpark. Von Ahrensburg, Norderstedt, Reinbek, Lüneburg und Pinneberg gibt es Zubringerfahrten zu den Startpunkten. Besonderes Highlight für Radfahrer: Die A 253 wird für sie gesperrt. Im Stadtpark findet die Zentralveranstaltung statt: Von 12 bis 19 Uhr gibt es dort Infostände und Livemusik von Lotto King Karl. Weitere Aktionstage sind in diesem Jahr im Juli und Oktober geplant. „Sie sind Teil des Klimaschutz-Senatskonzepts mit dem Ziel, bis zum Jahr 2012 den CO2-Ausstoß in der Stadt um zwei Millionen Tonnen zu mindern“, betont Umweltsenator Uwe Gedaschko (CDU). Dies entspräche einer Senkung von 28 Prozent Kohlendioxid (CO2) pro Einwohner seit 1990. Gedaschko hofft, dass am 20. April mindestens 20 Prozent weniger Autos durch Hamburg fahren als an normalen Sonntagen.  DKU

An diesem Sonntag ein Aktionstag, im Juni eine Sternfahrt – wieso halten Sie an diesen ritualisierten Werbeformen fest?

Wir können so der Bevölkerung zeigen, dass wir als Radfahrer da sind und wie viele wir sind. Die vier geführten Touren am Sonntag sind eine reine Spaßveranstaltung. Die Leute sollen merken, dass es Freude macht, auf dem Sattel zu sitzen. Die Sternfahrt im Juni ist etwas anderes. Hier möchten wir zeigen, dass wir nicht mit der Verkehrspolitik unseres Senats einverstanden sind: Wir wollen, dass die Bedarfsampeln, wir nennen sie Bettelampeln, abgeschafft werden. Wir fordern auch mehr gut gekennzeichnete Fahrradspuren und die Aufhebung der Benutzungspflicht für Radwege. Die sind oft in einem so schlechten Zustand, dass man von ,abgesteckten Mountainbikestrecken‘ sprechen kann.

Erreichen Sie mit den Touren am Sonntag denn Autofahrer?

Ich meine ja, schon allein durch das Medienecho.

Haben Sie auch neue Werbeideen fürs Radfahren?

Wir machen mehr als Sternfahrten. Der ADFC bietet alleine in Hamburg 250 geführte Tagestouren an, wir setzen uns für das Rad-Fernwegenetz ein und bieten den speziellen Radatlas und die Radkarte für Hamburg.