OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Denkt man an Robin Hood, welches Bild steht einem da vor dem Auge? Etwa Patrick Bergin in der zu Beginn der 1990er-Jahre erschienenen Filmversion, für die seinerzeit mit dem Faktum geworben wurde, dass darin ausschließlich Bäume zu sehen seien, die es im England des 12. Jahrhunderts tatsächlich gegeben habe? Unübertroffen ist natürlich Errol Flynn in „The Adventures of Robin Hood“ (1938), aber auch der Tasmanier hatte einen Vorgänger, der es in Sachen Aplomb durchaus mit ihm aufnehmen konnte: Für Douglas Fairbanks sen. war die Verfilmung der Robin-Hood-Legende nach „The Mark of Zorro“ und „The Three Musketeers“ der dritte große Swashbuckler, mit dem er seine Wandlung vom reinen Komödianten zum Abenteuerhelden vollzog. Der vom Kinopionier Allan Dwan inszenierte „Robin Hood“ (1922) besticht auch heute noch mit grandiosen Bauten, Actionszenen und den mit komödiantischem Schwung vollführten Stunts von Fairbanks. Die Geschichte um den Kreuzzug König Richards, der das Land seinem bösen Bruder John anvertraut, und den Rebellen, die sich gegen die anhebende Unterdrückung wehren, dürfte in groben Zügen bekannt sein. Interessant ist, dass der Stummfilm die eigentliche Robin-Hood-Story auf die letzte Stunde reduziert und zuvor mit einem großen Ritterturnier, der Rivalität zwischen dem Earl of Huntingdon (dem späteren Robin) und Sir Guy of Gisbourne, der ersten Begegnung von Lady Marian und Huntingdon sowie dem Aufbruch zum Kreuzzug eine stimmungsvolle Vorgeschichte erzählt, die sonst stets unterschlagen wird.

Der französische Regisseur Alexandre Astruc ist hierzulande kaum bekannt, und seine wenigen, vornehmlich in den 1950er- und 60er-Jahren entstandenen Filme werden nur selten gespielt. Doch Astruc war eine der bedeutenden Figuren europäischer Filmgeschichte: Ursprünglich ein Literat und Kritiker aus dem Umkreis von Jean-Paul Sartre, hatte Astruc 1948 einen „Le Caméra stylo“ betitelten Aufsatz veröffentlicht, in dem er forderte, der Filmemacher müsse seine Kamera nutzen wie der Schriftsteller seinen Stift. Dies war die theoretische Geburt des europäischen Autorenfilms und eine große Inspiration für die Regisseure der späteren Nouvelle Vague. Die Maupassant-Verfilmung „Une vie“ (1958) zeigt Astrucs ungewöhnliche filmische Handschrift: Die Geschichte von der Gutsbesitzertochter Jeanne (Maria Schell), die den düster vor sich hin brütenden Nachbarn Julien (Christian Marquand) heiratet, der sie ständig betrügt, wird mit viel Voice-over in einer erstaunlich elliptischen Weise erzählt, die dieses Frauenleben fast schlaglichtartig beleuchtet und keinen Platz lässt für Psychologie und ausuferndes Melodrama.

Ein Klassiker: Erich von Stroheims unvollendetes Melodrama „Queen Kelly“ (1928), in dem die Klosterschülerin Kelly (Gloria Swanson) zum erotischen Objekt der Begierde eines Prinzen wird, zeigt einmal mehr die Obsession des Regisseurs mit der Donaumonarchie seiner Jugendzeit, die er mit satirischer Schärfe und besessen detailgetreu auf Film bannte. LARS PENNING

„Robin Hood“ 22. 4. im Babylon Mitte

„Une vie“ 20. 4. in den Tilsiter Lichtspielen

„Queen Kelly“ 19. 4. im Arsenal