Razzia bei Kurden

Auf der Suche nach angeblichen Millionenspenden für die PKK durchsucht die Polizei Wohnungen und Vereinsräume von Kurden im Raum Bremen

Die kurdische Arbeiterpartei PKK und ihre Nachfolgeorganisation KONGRA-GEL dürfen nicht als terroristisch eingestuft werden. Dies entschied Anfang April der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in erster Instanz. Der Eintrag auf der so genannten „EU-Terrorliste“ müsse gestrichen werden. In der Urteilsbegründung hieß es, die EU-Regierungen hätten ihre Entscheidung nicht überzeugend begründet. Mit dem Vermerk auf der Terrorliste waren auch Konten und Vermögen der beiden kurdischen Gruppen in der EU eingefroren worden. Nach dem Urteil erklärte der EU-Ministerrat, die Liste trotz des Urteils nicht ändern zu wollen, weil sich dieses nur auf eine „frühere Version“ der Terrorliste beziehe. taz/dpa

VON CHRISTIAN JAKOB

Mit einer groß angelegten Razzia gingen Polizei und Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche gegen kurdische Organisationen im Raum Bremen vor. Wie am Donnerstag bekannt wurde, durchsuchten die Ermittler am 10. April zehn Wohnungen sowie die Räume des kurdischen Vereines „Birati“ und des Dachverbandes „YEK-KOM“ im Bremer Bahnhofsviertel.

Die Durchsuchungen fanden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen neun Beschuldigte wegen der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ statt. „Unsere Ermittlungen haben den Verdacht ergeben, dass die Beschuldigten als Frontarbeiter für den KONGRA-GEL im Gebiet Bremen tätig sind“, sagte der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, Jörn Hauschild. Im Rahmen dieser Tätigkeit hätten sie „typische Erfüllungsaufgaben“ erledigt, sich „den in der Organisation geltenden Hierarchien untergeordnet“ und für die PKK-Nachfolgeorganisation KONGRA-GEL Spenden eingetrieben.

Im Durchsuchungsbeschluss heißt es, die Beschuldigten hätten dazu „beigetragen, dass dem KONGRA-GEL jährlich etwa 5 Millionen Euro hätten zugeleitet werden können“. Allerdings räumte Hauschild ein, dass es sich bei dieser Zahl um die gesamte Summe handelt, auf die das bundesweite, jährliche Spendenaufkommen der Organisation von den deutschen Behörden geschätzt wird. Für welchen Teil davon die neun Beschuldigten verantwortlich sein sollen, denen nur Spendensammlung im Gebiet Bremen im Zeitraum der letzten sechs Monate vorgeworfen wird, konnte Hauschild nicht beziffern. Die Ermittler waren durch abgehörte Telefongespräche auf die Beschuldigten aufmerksam geworden.

Sowohl im Vereinsbüro als auch in den Privatwohnungen seien sämtliche Computer sowie Kontoauszüge und Dokumente beschlagnahmt worden, sagte „Birati“-Sprecher Yucel Koc. In Delmenhorst hätten die Polizisten laut Koc gar „200 Euro von der Frau eines Beschuldigten, das meiste davon in Kleingeld“ beschlagnahmt. Die Aktion habe zwei Stunden gedauert, die Beschuldigten seien anschließend zur erkennungsdienstlichen Behandlung mitgenommen worden. Für Koc war die Razzia vor allem politisch motiviert: „Mit der Aktion sollte demonstriert werden, dass die EU auch weiter gegenüber kurdischen Organisationen hart bleibt“, sagte Koc. „Deswegen überziehen die uns immer mit Ermittlungsverfahren.“ Alle Beschuldigten hätten Ämter im Vorstand von Birati inne gehabt. Bei sieben von ihnen läge diese Tätigkeit jedoch schon Jahre zurück. „Als Vorstand war es ihre Aufgabe, Spenden und Mitgliedsbeiträge zu sammeln. Das ist völlig normal, das macht auch der DGB so.“ Die Mittel seien jedoch „ausschließlich für unsere Vereinsarbeit ausgegeben“ worden. Worin diese bestehe, „kann die Staatsanwaltschaft im Verfassungsschutzbericht nachlesen“, sagte Koc. „Da steht, dass wir auf die politische Situation der Kurden in der Türkei aufmerksam machen wollen – und das ist schließlich nicht verboten.“

„Birati“ hat nach eigenen Angaben knapp 600 offizielle Mitglieder in Bremen, was rund einem Fünftel der dort lebenden KurdInnen entspricht. Weil „Birati“ vom Verfassungsschutz beobachtet wird, trauen sich viele KurdInnen nicht, dem Verein offiziell beizutreten, unterstützen ihn aber mit Geldspenden. Zum letzten Mal waren in Bremen Anfang des Jahres 2000 kurdische Einrichtungen von der Polizei durchsucht worden.