Erster Kontakt mit der Basis

Die künftige Schulsenatorin Christa Goetsch erklärt vor der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ihre Ziele. Und die GEW will keine Kooperation von Primarschulen und Gymnasien

von Kaija Kutter

Für eine Grüne Schulsenatorin in spe ein stilvoller Start: Am Montag stattete Christa Goetsch der Delegiertenkonferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Curio-Haus einen Besuch ab. Vor dem Eingang war sie von Journalisten gefragt worden, ob sie sich nun in die „Höhle des Löwen“ wage. Was Goetsch verneinte: „Für mich ist das nicht die Höhle des Löwen. Ich bin seit 30 Jahren GEW-Mitglied.“

Eine gute Stunde referierte sie die schwarz-grünen Bildungspläne, musste dann aber nach den ersten fünf, sechs Fragen aus Zeitgründen gehen. Was „schade war“, wie ein Delegierter sagte, denn so kam es nicht zur Aussprache über einen heiklen Punkt, nämlich die angedachte Kooperation der künftigen Primarschule an einigen Standorten mit Gymnasien. Gewerkschaftsintern erregt dieses Vorhaben die Gemüter. Von einem „historischen Rückschritt“, von einer „deutlichen Verschärfung der Selektion“ war die Rede, als Goetsch den Saal verlassen hatte. „Wir als GEW raten dringend von diesen Kooperationen ab“, sagte Gewerkschafts-Chef Klaus Bullan am Ende der Versammlung.

Goetsch hatte das Thema in ihrem Vortrag über die regionale Standortplanung nur kurz gestreift. „Es wird viele Standorte geben, an denen die sechs Jahre Primarschule an einem Ort stattfinden“, sagte sie. „Und es wird regionale Situationen geben, wo die Jahrgänge vier bis sechs an der weiterführenden Schule stattfinden.“ Dies geschehe dann aber unter der Leitung der Primarschule, eine Sonderform wäre verfassungswidrig.

Sie wolle „nicht schönreden“, dass es im Anschluss an Klasse 6 „weiter einen Selektionsschritt gibt“. Durch die Primarschule werde aber die doppelte Auslese abgeschafft. „Ich gehe davon aus, dass die Entwicklungsprognosen nach der 6. Klasse wesentlich besser sind.“ Bedingung sei, dass in kleineren Klassen nicht über 25 Kinder unterrichtet würden. Auch werde die Sprachförderung für Migranten in der Primarschule bis in Klasse 6 erweitert. Und die Ausbildung der Lehrer werde künftig für alle Schulformen „gleichwertig und gleichlang“ sein.

„Christa Goetsch hat den Punkt runtergespielt“, sagte Pit Katzer aus der GEW-Betriebsgruppe der Erich-Kästner-Gesamtschule im Anschluss. Die Haupt- und Realschulen hätten nicht genügend Platz für die Primarschule. Da die Gymnasien aber heute schon die Hälfte der Fünft- und Sechstklässler haben und zudem demnächst durch das verkürzte Abitur einen Jahrgang verlören, hätten sie Platz. Katzer: „Die Primarstufe am Gymnasium wird keine Randerscheinung sein, sondern die Regel“. Die GAL müsse deshalb den Koalitionsvertrag neu verhandeln und dafür sorgen, dass es keine personelle Kooperation mit Gymnasien gibt. Der frühere GEW-Chef und pensionierte Behördenleiter Dietrich Lembke bot gar an, für alle 28 Regionen eine alternative Standortplanung für eine Gemeinschaftsschule zu machen.

Dass der Dialog in dieser Frage verpasst wurde, lag auch daran, dass den GEWlern vieles auf den Nägeln brennt. Das Lehrerarbeitszeitmodell zum Beispiel. Hier soll laut Koalitionsvertrag lediglich „geprüft“ werden, ob es Obergrenzen der Wochenstundenzahl geben soll. Sie halte 30 oder 32 Stunden für zu viel, aber „28 Stunden als Obergrenze für verantwortbar“, sagte die Lehrerin Goetsch aus eigener Erfahrung, was der Basis nicht genügte. Ein anderer Redner forderte die schnelle Auflösung des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB), dem seit einem Jahr die Berufsschulen unterstehen. Dafür besteht offenbar eine Chance. „CDU und GAL sind sich einig, dass das Konstrukt nicht zu dem geführt hat, was man sich vorgenommen hat“, sagte die designierte Schulsenatorin Goetsch.