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: „Völlig diffuser Begriff“

Der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl referiert über den Amok und seine Herkunft

taz: Herr Vogl, weshalb referieren Sie über das Thema „Amok“?

Joseph Vogl: Was mich interessiert, ist eine Geschichte des Gefahrensinns. Damit ist die Rolle gemeint, die die Ausmalung wirklicher oder eingebildeter Bedrohungen in abendländischen Kulturen spielt.

Woher kommt das Wort „Amok“ eigentlich?

Der Begriff stammt aus dem Malaysischen und bedeutet Wut und Raserei. Er wurde im 16. Jahrhundert von europäischen Reisenden aus Südostasien in den Westen gebracht. Heute umreißt dieser vage Begriff eher pseudomilitärische Kommandoaktionen mitten in unseren modernen Zivilgesellschaften.

Worin unterscheidet sich diese Form der gewalt von anderen?

Man weiß nicht, ob man die Täter krank, bösartig oder kriminell nennen soll. Man konstatiert die Krise der Familie, der Jugend, der Mediengesellschaft und so weiter. Offenbar identifiziert man in den spektakulären Gewalttaten, die man Amok nennt, ein besonders dramatisches Zerr- und Spiegelbild unserer gegenwärtigen Gesellschaften.

INTERVIEW: ANJ

20 Uhr, Hamburger Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36

Fotohinweis:JOSEPH VOGL, 50, lehrt an der HU Berlin.