Auf dem Weg zur sommerlichen Selbstfindung

Häutung einer Institution: Das „Junge Theater“ will sich verwandeln – und endlich auch entschulden

Um seine Entschuldung voranzutreiben, verzichtet das Junge Theater (JT) auf bereits geplante Programme wie „out now!“ oder „kunst-freiraum-stadt“ und begibt sich in eine mehrmonatige „Sommerpause“. Sie soll von April bis Oktober dauern. Die sowohl in der Schwankhalle als auch im Güterbahnhof und der Überseestadt-Stauerei beheimateten Institution will die Auszeit zur Neustrukturierung nutzen. Dazu gehört auch die Suche nach einem neuen Namen.

„Jung“ im engeren Wortsinn ist die 1992 aus dem Jugendclub des Bremer Theaters hervorgegangene Formation trotz einiger Wechsel seit längerem nicht mehr. Auch der inhaltliche Fokus hat sich verändert. Zwar sind für die kommende Spielzeit eine Reihe von Inszenierungen wie Feridun Zaimoglus „Schwarze Jungfrauen“ in der Regie von Carsten Werner geplant, aber eigentlich hat sich das JT in ein Produzenten- und Kuratorenkollektiv verwandelt: Es steht für die Entwicklung von Reihen wie „Dorfdisco“ und „Hör Zu“, die den Rahmen des Dramatischen weit hinter sich lassen.

Seit drei Jahren schiebt das JT Verbindlichkeiten vor sich her, die unter anderem auf fehlende Investitionsmittel und Umsatzsteuer-Nachforderungen zurück gehen – ein in der Bremer Kulturszene bekanntes Problem, das in der Vergangenheit auch mit mangelnder fachlicher Beratung seitens des Kulturressorts zu tun hatte. 2006 kumulierten sich die Altlasten auf gut 100.000 Euro, was fast die Hälfte des institutionellen Zuschusses ausmacht. Die jetzige Produktionspause samt Honorar- und Gehaltsverzicht sei ein wichtiger Entschuldungs-Baustein, sagt Werner, der die Zukunft ziemlich optimistisch sieht: „Seit dem Regierungswechsel haben wir eine Planungssicherheit, von der man lange nur träumen konnte.“

Auch wenn das JT bald nicht mehr „jung“ heißt, statistisch ist eine deutliche Hinwendung zum jüngeren Publikum erkennbar. 2007 gab es mit 193 zwar deutlich weniger Veranstaltungen als in den Jahren zuvor, gleichzeitig wuchs die Besucherzahl auf über 16.000. Hintergrund ist das zunehmende Interesse von Schulklassen. Henning Bleyl