Der Koalitionsvertrag kann sich sehen lassen

Wie findet die taz nord Schwarz-Grün? Diese Woche schreiben RedakteurInnen, was sie von der neuen Koalition in Hamburg halten. In der Ökologie hat die GAL einige dicke Kröten schlucken müssen, meint Gernot Knödler

Im vorliegenden Koalitionsvertrag mit der CDU hat die GAL viele Verbesserungen gegenüber der jetzigen CDU-Politik durchsetzen können. Die Fortschritte in der Verkehrspolitik, der Stadtentwicklung und beim Umweltschutz lassen es verschmerzen, dass die GAL große Kröten geschluckt hat. Das setzt allerdings voraus, dass aus vielen „Soll“-Formulierungen und Prüfaufträgen tatsächlich Politik wird.

Ein Verzicht auf die Elbvertiefung wäre auch mit der SPD nicht zu machen gewesen. Dafür hat die GAL sich ein paar Wünsche erfüllen lassen. Es soll ein Naturschutzgebiet „Auenlandschaft Norderelbe“ vorbereitet werden; das Wattenmeer wird als Weltnaturerbe angemeldet; Moorburg bleibt von Hafenplänen verschont; die norddeutschen Häfen sollen kooperieren; die Hafenwirtschaft wird die Verbesserung der Elbökologie mitfinanzieren.

Das Kohlekraftwerk Moorburg wollen die Koalitionäre in spe von der wasserrechtlichen Genehmigung durch eine künftig grün geführte Umweltbehörde abhängig machen. Damit hat die designierte Senatorin Anja Hajduk (GAL) einen unnötigen schwarzen Peter. Der CDU-Senat hat sich und damit auch den neuen Senat bei dem Kraftwerksprojekt weitgehend festgelegt. Zugleich ist es zum landespolitischen Symbol für eine bundespolitische Aufgabe geworden. Vorausgesetzt, dass bundesweit nur wenige Kohlekraftwerke gebaut werden, ist es nicht entscheidend, in welchem Bundesland diese stehen.

Im Gegenzug enthält der Koalitionsvertrag ein verbindliches Klimaschutzziel: 40 Prozent weniger CO2 bis 2020. Beim Bauen schreibt er detailliert hohe Standards vor. Es soll Klima-Modellquartiere geben, Dienstfahrräder und möglicherweise Ökostrom für die Behörden. Überdies wird die Koppelung der Produktion von Strom und Wärme festgeschrieben.

Die GAL akzeptiert die Ortsumgehung Finkenwerder und die Autobahn 26 durch das Alte Land. Das stellt die Zukunft des Obstbaugebiets in Frage. Wie es sich beim CDU-Senat bereits abzeichnete, soll aber für die Hafenquerspange eine Lösung gefunden werden, die Wilhelmsburg vom Durchgangsverkehr entlastet und nicht von der Innenstadt abschneidet.

In der Verkehrspolitik wird es eine Straßenbahn, je ein Shared-Space-Projekt pro Bezirk und mehr autofreies Wohnen geben. Die Bezirke sollen künftig über die Beschilderung der nachgeordneten Straßen entscheiden können. Ein Sozialticket wird wieder eingeführt. Eine City-Maut und eine Umweltzone werden geprüft.

Diese Vorhaben gehören zur Kür: Denn der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs in der Innenstadt ist heute schon hoch, und Hamburg hat auch kein Smog-Problem. Lobenswert ist, dass die Koalition die Fahrradmitnahme in den Bahnen erleichtern will und sich vorgenommen hat, Fahrradrouten von entlang des Großmarkts sowie von Harburg über die Elbinseln zur Hafencity zu schaffen.

Im Autobahnknie in Obergeorgswerder soll ein Logistikzentrum gebaut werden. Dafür ist die Bebauung der Klappertopfwiesen in Kirchdorf vom Tisch. Der Wilhelmsburger Osten wird als hochwertige Kulturlandschaft definiert. Dem exzessiven Flächenverbrauch der vergangenen Jahre setzt der Vertrag Anreizmodelle für eine bessere Flächenausnutzung entgegen. Eine Trendumkehr wird „gewünscht“. Die Sanierung von Sportflächen wird dem Bau eines Sportparks im Volkspark vorgezogen.

Die Zuständigkeit für einige Naturschutzgebiete wird wieder der Stadtentwicklungsbehörde übertragen. Bis Ende 2009 soll bewertet werden, ob die Bezirke die ihnen vom CDU-Senat übertragenen Aufgaben im Naturschutz befriedigend erfüllen.