urdrüs wahre kolumne: Auf dem Füllen der Eselin
Wenn demnächst die homophoben Eiferer zum Christival nach Bremen kommen, bitte ich die fröhlichen Heiden unter den taz-Lesern, bei eventuellen Aktionen gegen diese, meine irregeleiteten Brüder und Schwestern im Herrn, keine unspezifische Reiztherapie zu betreiben, sondern ihnen in fiebriger Leidenschaft die agile Zunge in den Hals zu hängen und anschließend als Polonaise durch die Werder-Stadt zu ziehen: „Ganz egal, ganz egal, ob du Huhn bist oder Hahn.“
Gestern wurde in Hannover bei der Gilde-Brauerei gestreikt, was an und für sich eine gute Sache ist. Wie aber, wenn solche Streikaktionen die Maifeiern trocken legen? Irgendwo wird man Prioritäten setzen müssen.
Sieben Kontrolleure der Berliner Verkehrsgesellschaft versuchten einst, mich als angeblichen Schwarzfahrer dingfest zu machen und traten mich anschließend so lange in den Bauch, bis ich erbrach. Und forderten dafür von mir noch vor Gericht eine Reinigungspauschale. „Das geht mir aber jetzt doch zu weit“, sagte damals die Richterin und verwarf die Forderung. Dies als lebenspraktischer Hinweis für das Kieler Innenministerium, das jetzt von Observierten auch noch die Herausgabe des illegal eingesetzten GPS-Senders verlangt.
Zurzeit ist der Nazimann, Immobilienhai und Menschenzüchter Jürgen Rieger Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, weil er sein Mädel geprügelt haben soll. Schade, dass der schmalbrüstige Rieger das nicht bei der Walküre Inge Nottelmann versucht hat, die gerade den NPD-Umzug durch Hamburg-Barmbek angemeldet hat …
In Salzgitter startet heute wieder die Gottes Schöpfung zerstörende Gedenkfahrt der christlichen Motorradfahrer, und auch der Denkmalschützer wird es mit Grauen sehen, wenn die vielen tausend Teilnehmer dann auf den Braunschweiger Domplatz rollen, um dort der Kumpels zu gedenken, die in der vergangenen Saison vom höheren Richter aus der Kurve geholt wurden. „Das kommt von das“, halten wir dagegen und erinnern einmal mehr daran, dass der oberste Präsident vom MC Jesus einst auf dem Füllen der Eselin nach Jerusalem zog – und dabei weder Sprit vergeudete noch Kinder und Greise zermatschte.
An diesem Wochenende sollten auch dringende Besorgungen – etwa die einer tibetanischen Flagge – nicht in Hamburg erledigt werden, denn ganze Horden rücksichtsloser Marathonis sind wieder unterwegs auf den Straßen. Bei diesem Menschenschlag ist mit dem Gebrauch von Ellbogen unbedingt zu rechnen: Eintausendreihunderzweiundvierzigster beim Hamburg-Marathon – dafür gehen manche über blaue Flecke …
„Gute Arbeit muss drin sein!“ mahnt der DGB zum diesjährigen Kampftag der Arbeiterklasse und weiß sich in der visionären Kraft dieses Spruches einig mit den Machern von „Wohnst du noch oder lebst du schon“: Wir aber wollen lieber heben / einen auf das bessere Leben und treffen uns dazu beispielsweise heute in der Serrahnstraße zu Hamburg-Bergedorf mit der „Gruppe Gutzeit“ und ihren entschlossenen Liedern von der Flaschensammlerin oder der Sabine vom Lidl: Klassendampf kann es einfach nie zuviel geben …, weiß ULRICH „Bestarbeiter“ REINEKING
ULRICH REINEKING, Journalist, Kabarettist und Freund der Arbeiterklasse, hält Schwarzfahren für keine Lösung.
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