Vorwürfe an Kirche

ARD: Viele Kirchenmitarbeiter können von Minilöhnen nicht leben. Arbeitnehmervertreter: Schlimmer als Lidl

MAINZ afp ■ Auch bei Einrichtungen der Kirchen müssen Mitarbeiter laut einem Fernsehbericht zusätzlich zu ihrem Einkommen Hartz-IV-Leistungen in Anspruch nehmen. Bei diakonischen Einrichtungen können nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ viele Beschäftigte nicht mehr von ihrem Einkommen leben. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass Verträge auf 75 Prozent begrenzt werden.

Der Präsident des Diakonie-Bundesverbandes, Klaus-Dieter Kottnik, sagte dem SWR auf die Frage, ob es christlich und gerecht sei, Menschen so zu beschäftigen, dass sie vom Gehalt nicht mehr leben könnten: „Die Alternative wäre, und das ist der Gewissenskonflikt, zu sagen, wir machen die Arbeit gar nicht mehr, wir geben sie auf.“

Der Mitarbeitervertreter in der bundesweiten arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie, Wolfgang Lindenmaier, warf den Kirchen dagegen vor, die Lohnspirale bewusst nach unten zu treiben. „Die beiden Kirchen nutzten ihren Einfluss und ihre Marktführerschaft im sozialen Bereich nicht, „um endlich vernünftige Entgelte für die Arbeit zu bekommen“, sagte Lindenmaier. Alle Welt rege sich über Lidl und Aldi auf, aber „Kirche ist schlimmer“.

Ungeachtet dieser Kritik wollen die beiden großen Kirchen gemeinsam mit den Gewerkschaften zum 1. Mai ein Zeichen für mehr soziale Gerechtigkeit setzen. Der katholische Erzbischof Werner Thissen sagte gestern, wenn allein in drei norddeutschen Bundesländern rund 80.000 Beschäftigte noch staatliche Unterstützung brauchten, „dann befinden wir uns in einer gesellschaftlich prekären Situation“.