Gaskunden können aufatmen

Preisanpassungsklauseln, die einseitig und intransparent sind, sind rechtswidrig. Das hat im Fall eines Dresdner Gasversorgers jetzt der Bundesgerichtshof festgestellt. Bestätigt sehen sich dadurch auch klagende Kunden in Bremen

„Die Entscheidung ist kein gutes Signal für alle Energieversorger“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Gaskunden gegen einseitige Preiserhöhungsklauseln der Versorgungsunternehmen gestärkt. Nach einem am Dienstag verkündeten Urteil sind Vertragsbestimmungen unwirksam, die nur das Recht zur Erhöhung der Preise vorsehen, den Versorger aber bei fallenden Bezugskosten nicht auch zur Senkung der Verbraucherpreise verpflichten.

Das Karlsruher Gericht gab damit einer Klage von rund 160 sächsischen Verbrauchern gegen die Erhöhung ihrer Gaspreise in den Jahren 2005 und 2006 statt und erklärte eine Klausel in den Verträgen der sächsischen Enso Erdgas GmbH für unwirksam. Das Urteil gilt für Privatabnehmer mit „Sonderverträgen“ – das ist die Mehrzahl der Haushalte, die mit Gas nicht nur kochen, sondern auch heizen.

Mit besonderer Aufmerksamkeit ist das gestrige Revisionsverfahren in Bremen verfolgt worden: Auch hier hatten Gerichte der Klage von 59 Gaskunden stattgegeben – mit der überraschenden Feststellung, die gesamte Preisanpassungsklausel sei rechtsunwirksam. „Inwieweit diese Entscheidung auf die Situation in Bremen übertragbar ist, lässt sich erst auf Basis der Urteilsbegründung beurteilen“, teilte der Bremer Energieversorger SWB erst mal mit. Damit werde Mitte Mai gerechnet. Die SWB fürchten offenbar, dass das der Karlsruher Beschluss auch den bremischen Rechtsstreit entscheidet – zugunsten der Verbraucher: „Die Entscheidung ist kein gutes Signal für alle Energieversorger“, erklärte man.

Umso erfreuter ist der Anwalt der Bremer Kläger, Lovis Wambach: „Der Bundesgerichtshof stellt große Anforderungen an die Transparenz solcher Preisklauseln“, sagt er. In mehreren Punkten hatten Bremer Gerichte die Klauseln beanstandet. In dem Bremer Sammelklageverfahren geht es um die Preiserhöhungen bis zum Jahre 2006.

Die Hoffnung der SWB, dass der Bundesgerichtshof die bremische Rechtsprechung korrigieren könnte, ist mit dem jüngsten Urteil wohl dahin. Die Frage ist nun, ob die Versorgungsunternehmen nun eine Rückzahlung an die wenigen Kläger vornehmen oder ob sie Kunden, die sich nicht vor Gericht gegangen sind, gleichbehandeln. Letzteres hatten die SWB nach einigen widersprüchlichen Aussagen zuletzt festgestellt.

Die Verbraucherzentrale Sachsen, die die nun entschiedenen Klagen koordiniert hatte, nannte das Urteil gestern einen „Meilenstein im Kampf gegen die ständig steigenden Gaspreise“. Es habe bundesweite Bedeutung, weil viele Gerichte auf die höchstrichterlichen Vorgaben aus Karlsruhe warteten.

Auch das Berliner Kammergericht hat gestern einen Beschluss zu den Gaspreisen verkündet: Die Beschwerde des dortigen Versorgers Gasag gegen das Kartellamt wurde abgewiesen. Wegen des Verdachts auf überzogene Gaspreise nimmt die Behörde seit einigen Wochen 35 Versorgungsunternehmen im ganzen Bundesgebiet unter die Lupe. Die Gasag hatte sich geweigert, ihre im März angeforderten Daten beim Kartellamt einzureichen. KAWE/DPA

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