Heide-Marie Festerling, ehemalige Missionsleiterin
: Eine Verabschiedung in Gold

Ein bisschen aufgeregt sei sie gewesen, sagt Heide-Marie Festerling und „natürlich auch etwas wehmütig“. 23 Jahre lang hat sie für die Bahnhofsmission im niedersächsischen Oldenburg gearbeitet und hat dafür sogar das Kronenkreuz in Gold bekommen – die höchste Auszeichnung der Diakonie. Jetzt ist sie in den Ruhestand verabschiedet worden.

Sie sei da so reingerutscht, sagt die 64-Jährige über ihr langjähriges Engagement: „Meine Kinder waren so groß, dass sie sich nachmittags selbst beschäftigt haben.“ Und da sie niemand sei, die „zuhause rumsitzen kann“, erzählt Festerling, wurde sie hellhörig, als die Mission Unterstützung suchte. Bald war sie ehrenamtliche Mitarbeiterin. Zwei Jahre später erkrankte die Leiterin – und Festerling, damals 43, wurde gefragt, ob sie nicht die Nachfolge antreten wolle.

Dass die Kluft zwischen Arm und Reich wachse, könne sie aus eigener Erfahrung bestätigen, erzählt sie: Über die Jahre seien immer mehr Menschen in die Bahnhofsmission gekommen: der eine auf der Suche nach einem Kaffee oder einer warmen Mahlzeit, der andere aus purer Verzweiflung. Auch immer mehr Jugendliche. 50 bis 100 Menschen kommen jeden Tag bei Oldenburgs größter Sozialeinrichtung vorbei, sagt Festerling, „manchmal auch mehr“.

Dass die Kirche als Trägerin der Einrichtung sparen müsse, habe die Arbeit nicht eben erleichtert. Dennoch findet die examinierte Krankenschwester bis heute: „Man muss zwar kämpfen, aber es passieren auch immer wieder Wunder.“ Irgendwie sei es eben immer weiter gegangen.

Immer zu zweit habe man gearbeitet – auch, um über Erlebtes sprechen zu können. „Es ist ganz wichtig, sich austauschen zu können.“ Um nicht „kaputt zu gehen“, habe sie Beruf und Privates strikt getrennt: „Wenn ich die Tür abends hinter mir geschlossen habe, blieb sie zu. Um Probleme habe ich mich am nächsten Tag immer noch kümmern können.“

Jetzt möchte die Rentnerin erst einmal das Wetter genießen und sich der Familie widmen. Auf Dauer reichen wird ihr das wohl nicht: „Irgendwas Ehrenamtliches im Seniorenbereich“ will sie sich suchen. „Da werde ich schon was finden.“ JOD

Fotohinweis:HEIDE-MARIE FESTERLING, 64, kann aus Erfahrung bestätigen, dass die Armut zugenommen hat. FOTO: DIAKONIE