Von Waldeck zum Folkfestival

betr.: „Waldeck war Sehnsucht“, „Aus grauer Städte Mauern“, taz.mag vom 26. 4. 08

Ich habe mit Vergnügen das Interview mit Reinhard Mey gelesen. Den Artikel von Martin Reichert fand ich zwiespältig.

Die Beschreibung dessen, was sich ab 1964 auf der Waldeck abspielte, wird richtig sein (ich war nicht dabei). Daraus ergibt sich aber, dass ein Vergleich mit Woodstock ziemlich hinkt. Die Waldeck berief sich auf eine jugendmusikalische Tradition der Vorkriegszeit und versuchte, das Singen in deutscher Sprache wieder möglich zu machen. Angesprochen war ein recht kleiner, intellektueller Kreis, der sich von kommerzieller und elektrisch verstärkter Musik bewusst absetzte.

Woodstock kam 1969, also fünf Jahre später, und war ein „Rock“-Festival mit kommerziellem Hintergrund. Die Hippiebewegung und der Widerstand gegen den Vietnamkrieg fanden hier ihren Ausdruck. Es ist also ziemlich absurd, die Waldeck als „deutsches Woodstock“ zu bezeichnen. Erbe der Waldeck-Zeit war eher das Folkrevival der Siebziger, das zahlreiche eigene Festivals hervorbrachte, etwa in Ingelheim. Es gibt immer noch eine Menge Leute in diesem Land, die akustische Musik machen.

Grotesk finde ich, neben Reinhard Mey als Liedermacher nur noch die NPD-Klampfer zu erwähnen. Einig sind wir uns, dass das politische Lied weiterentwickelt werden muss. Der Wettbewerb Creole hat übrigens gezeigt, dass wir Weltmusik auf Spitzenniveau vorweisen können. Empfehlen möchte ich auch das vom 4. bis 6. Juli stattfindende Tanz- und Folkfestival im Thüringer Rudolstadt (www.tff-rudolstadt.de), das seit der Wende das größte deutsche Folkfestival ist und jedes Mal bis zu 50.000 Besucherinnen und Besucher anzieht.

ALMUT KÜCKELHAUS, Hagen