Neue Kräfte zum Saisonfinale

Werder Bremen kann sich nach dem 2 : 0-Heimsieg gegen Energie Cottbus und nach dem Burgfrieden mit Stürmer Ivan Klasnić ganz dem verbliebenem Saisonziel widmen: Es geht nun um die direkte Qualifikation für die Champions League

Das Krisenmanagement in der „Klasnić-Affäre“ funktioniert offenbar

Als der Stadionsprecher vor dem Spiel die Mannschaftsaufstellungen verlas, staunte er selbst über die Liste der Bremer Reservespieler. „Was für eine Bank!“, ließ er die Zuschauer an seinem Staunen Anteil nehmen und ahnte wohl noch nicht, damit eines der Bremer Erfolgsrezepte an diesem Nachmittag vorweggenommen zu haben.

Werder-Trainer Thomas Schaaf hatte seinem Team offensichtlich eine Politik der ruhigen Hand verordnet, um den Cottbuser Abwehrriegel zu knacken, was in den beiden letzten Heimspielen gegen die Lausitzer nicht gelungen war. Als aber nach einer knappen Stunde der gefühlt tausendste Angriff der Bremer noch nicht zum Torerfolg geführt hatte, riss dem Trainer der Geduldsfaden: Er wechselte mit Markus Rosenberg und Hugo Almeida den kompletten zweiten Sturm ein.

Dass ausgerechnet diese beiden nun auf der Torschützenliste dieses Spieltags stehen, macht sie noch nicht zu Matchwinnern. Die beiden Treffer fielen aus derart kurzer Entfernung und einsamer Position, dass sie wohl auch die ausgewechselten Stürmer gemacht hätten. Die wirklich entscheidenden Impulsgeber standen im Mittelfeld: Torsten Frings und Tim Borowski krönten mit ihren Vorlagen ihre erneute Formsteigerung.

Zum gefragtesten Mann avancierte allerdings Mesut Özil, der den verletzten Diego erstmals von Beginn an als Spielmacher ersetzte. Neben vielen gelungenen Pässen und Dribblings glänzte er überraschend auch als zweikampfstarker Abfangjäger tief in der eigenen Hälfte. Da Spielintelligenz vom Publikum erst in Verbindung mit einem Kämpferherz wirklich geadelt wird, erhielt er für dieses Aktionen mehrfach Szenenapplaus. „Jetzt erst registrieren die meisten, was für ein Talent da heranwächst“, fasste Werders Trainer Schaaf seine Eindrücke zusammen.

Unterschätzt wird dagegen immer noch die unspektakuläre Spielweise von Petri Pasanen, der mit sensationellen 105 Ballkontakten fleißigster Spieler auf dem Platz war. Ausgerechnet der Finne, dem immer ein bisschen übel genommen wird, kein Flankengott zu sein, spielte den öffnenden Pass vor dem Führungstreffer.

Im Gefühl des sicheren Sieges brachte der eingewechselte Patrick Owomoyela seine Kollegen in Bedrängnis: Er vertändelte drei Minuten vor Abpfiff an der Mittellinie den Ball, so dass Torsten Frings die Situation mit einer Grätsche bereinigen musste. Dafür erhielt Frings seine fünfte gelbe Karte und fehlt nun im Nordderby gegen den HSV am Mittwoch. „Schade, ich hätte richtig gerne in Hamburg gespielt, aber in dieser Szene hatte ich das Gefühl, dass ich grätschen muss, sonst hätte es geklingelt – und das wäre der Anschlusstreffer gewesen“, sagte Frings. Werders Sportdirektor Klaus Allofs ärgerte sich: „Das war völlig unnötig. Das darf nicht passieren, dass Frings noch mal so eingreifen muss.“

Mehr noch als über den Sieg und den Schalker Punktverlust dürfte der Manager darüber erleichtert sein, dass sein Krisenmanagement in der „Klasnić-Affäre“ offenbar funktioniert. Nach den Vorwürfen des Publikumslieblings gegen die Verantwortlichen und Klasnićs Klage gegen Werders Vereinsarzt war weder ein Liebesentzug der Fans, noch Unruhe in der Mannschaft zu spüren. Anders als vor einem Jahr, als der Wirbel um Miroslav Kloses Wechsel nach München den Bremern das Saisonfinale verhagelte, reißen sich alle Beteiligten zusammen, um das Saisonziel, den zweiten Platz, nicht zu gefährden. Ralf Lorenzen