Willis Weg in die weite Welt

Willi Lemke wird heute aus dem Bremer Senat verabschiedet. Fortan wird er für die UNO unterwegs sein. Werdegang eines Sportsfreundes

Nein, dieser Job ist wahrlich kein Schönwetter-Amt. Auch ohne olympische Spiele in Peking ist der Weltsport voller Probleme. Die taz erklärt, warum nur Willi Lemke sie entschärfen kann.

Konfliktherd I: Stehen bis zur Fußball-WM 2010 in Südafrika alle Stadien? Gut, dass Lemke sommers an Bremer Schulen Kompetenz als Baustellenbesucher erworben hat. Jetzt heißt es wieder: Helm auf – und gute Miene zu verzögertem Spiel. Konfliktherd II: Manche Sportarten fristen ein unverdientes Schattendasein. Norddeutsche wissen das. Von daher wird erwartet, dass Lemke sich zum Anwalt der so genannten Randsportarten macht. Und Klootschießen spätestens 2012 olympisch ist. Konfliktherd III: Lemke hat oft den Wahnsinn von Sportlergehältern angeprangert. Jetzt kann er glaubwürdig dagegen vorgehen: Schließlich ist er als Weltsportbeauftragter auch nur ein 1-Euro-Jobber. TAZ

Sein erster Coup gelingt Willi Lemke am 19. August 1946 im ostholsteinischen Pönitz: Seine Geburt! Dass der kleine Willi (so heißt er von Anfang an, der Name ist keine Abkürzung von Willibald, -brord oder Willehad) es eines Tages an die Spitze des Weltsports schaffen wird, weiß da noch niemand.

Nach dem Abitur in Hamburg studiert Lemke Sport auf Lehramt. Tätigkeiten als Agent für den KGB und den bundesdeutschen Verfassungsschutz bessern sein Salär auf. Folgerichtig seine nächste Position: Lemke wird 1974 Geschäftsführer des SPD-Landesverbandes Bremen. 1981 dann der zweitgrößte Coup seit seiner Geburt: Er wird Manager des SV Werder Bremen. Für den Verein brechen goldene Zeiten an. Bis heute ist unklar, ob das vor allem an ihm oder an Trainer Otto Rehhagel lag. Lemke jedenfalls giftet immer wieder gegen den Manager des FC Bayern München, Uli Hoeneß („Totengräber des deutschen Fußballs“). Zu dessen Verwunderung wird Lemke Bildungssenator. Hoeneß fragt sich, wie „ein Mann mit einem solchen Charakter Minister werden kann und für Erziehung zuständig ist“.

Doch selbst der politische Gegner hält Lemkes Amtsführung für untadelig. Ein ungenannter CDU-Bildungsexperte sagt: „Lemke war ein Segen für die Schulen dieser Stadt.“ Dass so einer auch einstecken muss, ist selten, kommt aber vor: Lemkes größte Niederlage folgt im September 2005. In der Kampfabstimmung unterliegt der lange als Kronprinz des Bürgermeisters Henning Scherf gehandelte Lemke gegen Jens Böhrnsen. Lemke trägt es mit Fassung und bleibt Senator.

Im Herbst seiner politischen Karriere wird er sogar noch einmal richtig wichtig: Böhrnsen macht ihn zum Innensenator, der auch für die Welt des Sports zuständig ist, wenn auch zunächst beschränkt auf Bremen. Es klingt wie ein Zufall, dass kurze Zeit später der Posten des Sonderberaters für Sport und Entwicklung bei der UNO vakant wird. Zwar ist auch der brasilianische Fußballgott Pelé im Rennen, aber kann es für den Posten nicht nur einen geben? Willi wird’s. Ein Kreis schließt sich, denn alles was der Pönitzer gemacht hat, musste in dieses Amt münden: Sportlehrer, Fußballfunktionär, Politiker, kann mit jedem (außer mit Uli Hoeneß), ist Brückenbauer (KGB/Verfassungsschutz). In Zukunft also wird er zwischen New York, Genf und den Brennpunkten des Weltsports pendeln. Bremen wird er als Bürgerschaftsabgeordneter erhalten bleiben. Wie er das machen will, weiß er selbst noch nicht. FEZ