Mehr Wind statt Agrotreibstoff

Umweltminister will Windenergie stärken und Urwald schützen. Gefällt wird trotzdem

BERLIN taz ■ Die Rücknahme der Quote für Biotreibstoffe will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ausgleichen, indem er die Windenergie stärkt. Der aktuelle Vorschlag der Bundesregierung sehe eine um 1,2 Cent höhere Einspeisevergütung für Windenergie an Land vor, sagte der Minister am Dienstag. Damit läge der Gesamtpreis für eine Kilowattstunde Windstrom bei 9,1 Cent. Zudem sollten ältere Anlagen verstärkt durch leistungsfähigere ersetzt werden.

Zugleich griff Gabriel Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CDU) an. Das von Glos beauftragte Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hatte eine Senkung der Solarförderung um 30 Prozent verlangt. Diese leiste jedoch nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch für den Arbeitsmarkt, so Gabriel. Mit einer Absenkung der Förderung würde Glos die rund 40.000 Arbeitsplätze in der Branche zerstören.

Die Quote für Biotreibstoffe hatte Gabriel teilweise zurückgenommen, nachdem bekannt wurde, dass vor allem ältere importierte Fahrzeuge den Treibstoff nicht vertragen. Mit der Rücknahme bleiben aber vier bis fünf Millionen Tonnen an CO2-Emissionen, die die Bundesregierung senken muss, will sie sich an ihre eigenen Klimaziele halten. Der Beschluss von Meseberg sieht bis 2020 eine Reduktion der Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 vor.

Um die Nachhaltigkeit von pflanzlichen Treibstoffen zu verbessern, will das Umweltministerium Entwicklungs- und Schwellenländer finanziell unterstützen. „Solange man an der Zerstörung der Wälder mehr verdient als an ihrem Schutz, haben es internationale Abkommen schwer“, sagte Gabriel. In Brasilien, das der Minister vergangene Woche besuchte, seien derzeit 50 Millionen Hektar Schutzfläche geplant. Deutschland unterstütze daher ein Konzept der „Zonierung“. Demnach werden den Regionen feste Nutzungszwecke zugewiesen. Auf einer Fläche, die für Nahrungsmittel vorgesehen ist, könne dann kein Zuckerrohr als Biomasse mehr angebaut werden. Ein Importverbot sei aber keine Lösung. Brasilien habe zudem einem Abkommen über Nachhaltigkeitsstandards zugestimmt. Es solle in der kommenden Woche bei der Lateinamerikareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterzeichnet werden.

Das brasilianische Forschungsinstitut Imazon hatte in der vergangenen Woche neue Zahlen zum Zustand des Amazonas vorgelegt: Demnach wurden alleine im ersten Quartal des Jahres in zwei Regionen 214 Quadratkilometer Regenwald gefällt. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 77 Quadratkilometer gewesen. Besonders alarmiert die Forscher, dass Abholzung in der aktuellen Jahreszeit aufgrund der starken Niederschläge eher unüblich sei. SVENJA BERGT