Germany’s Dissidenten

betr.: Weltmusikbeilage vom 3./4. 5. 08

Lieber Daniel Bax, freudig erregt habe ich die opulente taz-Beilage über Weltmusik zur Kenntnis genommen. Nur um sie wenig später recht enttäuscht aus der Hand zu legen. Den wahnsinnig schlecht recherchierten und eindeutig geschichtsklitternden Inhalt hätte ich bisher nur der englischen Pop-Presse zugetraut. Dabei waren mir gerade Ihre Artikel, auch in der Zeit, immer ein Vergnügen (Brasilien!)

Aber in einem Artikel über Weltmusik einfach meine Lieblingsband, die Dissidenten, zu unterschlagen, ist nicht zu entschuldigen. Eindeutig gehören sie zu den weltweit anerkannten Begründern dieses Genres.

In meinem umfangreichen Archiv (ich recherchiere und sammle alles über deutsche Bands seit 1965) finde ich unter anderem ein Statement aus der New York Times von Anfang der 80er Jahre (können Sie gerne mal nachschauen): „The World Beat movement, led by groups like Dissidenten“ oder The Beat, auch Mitte 80er: „Madonna discovered Dissidenten’s World Beat for Seymour Stein and Sire Records!“ oder Andy Hurt 1985 in Sounds: „It’s ironic, but by no means surprising, that Britain is the last European nation to open it’s doors and collective minds to the most established of East/West bands, Germany’s Dissidenten. The assumption that we Brits lead the field in musical trends makes it hard for us to accept that someone else has beaten us.“

Ich könnte jetzt noch weitergehen zu prähistorischen Zeugnissen aus Brasilien, Marokko oder Spanien und so weiter. Aber darum geht es nicht. Ich finde es nur total bedauerlich, dass Bands aus Deutschland, die international respektierte Beiträge zur Musik der Welt geleistet haben (Can, Kraftwerk, Embryo, Tangerine Dream, Amon Düül 2 – to name a few – und neben vielen anderen eben auch Dissidenten), in den Medien ihres Ursprungslandes derartig untergebuttert werden.

Jeder Trend, den die englische oder amerikanische Musikindustrie in die Welt setzt, und wenn er noch so offensichtlich geklaut ist wie im Falle der Dissidenten (Weltmusik!) oder Kraftwerk (Techno!) wird unreflektiert weitergeplappert. Gerade von der taz hätte ich da mehr erwartet. GABRIELE BERGMANN, Bad Kissingen

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