In Potsdam weht ein scharfer Wind

Die Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue“ übergibt 26.472 Unterschriften an den Brandenburger Landtag. Derweil streitet die Landesregierung in Potsdam über die Zukunft der Energieversorgung – und der Windräder

Potsdam gerät von Befürwortern und Gegnern der Windenergie unter Druck

Geht es um Energie Cottbus, sind sich alle Brandenburger einig: Abstieg verhindert. Wir bleiben erstklassig. Geht es dagegen um die Energie in Brandenburg, gehen die Meinungen auseinander. Selbst in der rot-schwarzen Landesregierung ist nun ein Konflikt um die Energiepolitik des Landes entbrannt.

Wenn am Donnerstag die Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue“ die nötige Zahl an Unterschriften an Potsdams Landtagspräsidenten Gunter Fritsch (SPD) übergibt, trifft sie die große Koalition von Matthias Platzeck (SPD) in einer denkbar ungünstigen Lage. Einmal mehr sind SPD und CDU zerstritten.

Kaum hatte Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) Mitte April seine „Energiestrategie 2020“ vorgelegt, ging Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) dazwischen. Den von Junghanns geplanten Ausbau der Windenergie von 6 auf 20 Prozent des Strombedarfs lehnte Dellmann rundherum ab. „Ich glaube nicht, dass wir das den Brandenburgern noch zumuten können“, setzte sich der Minister an die Spitze derer, die seit Langem vor einer „Verspargelung“ des Landes warnen.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Populismus sei das, ärgerte sich Junghanns, und ein Sprecher von Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) ließ dem Parteifreund mitteilen: „Keine erneuerbare Energie ist konfliktfrei.“ Ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen und anderthalb Jahre vor den Landtagswahlen 2009 scheint der Wahlkampf in Brandenburg voll entbrannt.

Die Grünen, die zusammen mit Umweltverbänden und der Linken die Volksinitiative gegen den weiteren Braunkohleabbau ins Leben gerufen habe, können sich freuen. Infrastrukturminister Dellmann, merkte die grüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm süffisant an, stelle sich gegen die „leider wenig ambitionierten“ Klimaziele der Landesregierung. „Wer Klimaschutz ernst meint, muss ja zur Windenergie sagen“, so Behm.

Und natürlich nein zum geplanten Aufschluss neuer Tagebaue ab 2020. Bis Mittwoch hat das Bündnis 26.472 Unterschriften gesammelt. 20.000 Unterschriften wären nötig gewesen.

Das Ziel der Volksinitiative, das Thema in den Kommunalwahlkampf zu tragen, scheint damit aufzugehen. „Nach der Übergabe der Unterschriften hat der Landtag vier Monate Zeit, sich zu positionieren“, erklärt Brandenburgs Grünen-Sprecher Tobias Arbinger. Lehnt das Parlament den Gesetzesentwurf gegen neue Tagebaue ab, kommt es zum Volksbegehren. Statt 20.000 muss das Bündnis dann in vier Monaten 80.000 Unterschriften zusammenbekommen. Gelingt auch dies, käme die Landesregierung nicht nur vonseiten der Windradgegner unter Druck, sondern auch von den Braunkohlegegnern und Windenergiebefürwortern.

Arbinger räumt aber ein, dass die Landesregierung auch in diesem Falle noch nicht mit dem Latein am Ende wäre. So könnte das Volksbegehren als nicht verfassungskonform abgelehnt werden – so wie beim Volksbegehren gegen die Teilprivatisierung des Wassers in Berlin geschehen. „In diesem Fall werden wir vor das Landesverfassungsgericht ziehen“, kündigt Arbinger an.

Inzwischen ist die Kampagne gegen die Tagebaue nicht mehr die einzige in Brandenburg. Kurz nach dem Tackling von Minister Dellmann gegen die Windenergie ist eine weitere Volksinitiative gestartet worden. Ihr Ziel: Windräder sollen künftig mindestens 1.500 Meter von Ortschaften entfernt gebaut werden. UWE RADA