Jukebox

Die Welt will allemal gehegt und gepflegt sein

Heute ist Freitag, der 16. Mai 2008, und das ist wie alle Tage ein Tag wie kein anderer, denn irgendwo wird schon etwas Besonderes passieren, das später dann in einer Liste mit den historischen Ereignissen notiert ist. Damit ist die Sache auch in Ordnung gebracht. Beruhigend zu wissen.

Am 16. Mai 1966 erschien beispielsweise von Bob Dylan „Blonde on Blonde“, das – geschichtlich bedeutsam – als erstes Doppelalbum der Rockgeschichte gilt und das es außerdem bei einer vom Fachblatt Rolling Stone ermittelten Liste der 500 besten Alben aller Zeiten auf Platz neun schaffte. Die Kritiker der deutschen Ausgabe des Stone wählten „Blonde on Blonde“ in einer ansonsten weitgehend ähnlich gehaltenen Liste auf Platz eins.

Was das heißt? Alles. Nichts.

Listen sind der Schrebergarten, in der die Welt in Ordnung gehalten wird. Was hier einmal eingetopft ist, gedeiht in aller Regel gut. Ein Schrebergarten aber ist auch ein verschärftes Misstrauensvotum gegen die Natur, dass sie ihre Sache nämlich selbst nicht richten könne. In der Schrebergarten/Listen-Hege wird die Angst gebändigt vor diesem überall aus der Krume herausschießenden Unkraut, das immer wieder regellos wie aus dem Nichts in die Hitparaden drängt. Der Gärtner seufzt und schafft sich eben alle Jahre wieder eine neue Ordnung. In Listen. Der Plattenladenbesitzer Rob in dem Roman „High Fidelity“ von Nick Hornby versucht mit Top-Five-Listen sein Leben in den Griff zu bekommen. In Krisen sortiert er erst einmal seine Plattensammlung neu.

Doch aber, immer wieder: Verunsicherung. Neues. Am 17. Mai 1966 gab Bob Dylan ein Konzert in der Free Trade Hall in Manchester. Hier war der berühmte „Judas“-Zwischenruf von einem unwilligen Publikum zu hören, das den alten und vertrauten Folkbarden Dylan lieber haben wollte als den neuen, elektrisch verstärkten. Bob Dylan konterte mit einem Zuruf an seine Band: „Play fucking loud!“

Aber selbst Erschütterungen lassen sich später in Listen fassen. Was man früher Unkraut schimpfte, kommt heute als lecker Löwenzahnblatt in den Salat. Die Angst jedoch bleibt. Sie räumt der Welt unverdrossen hinterher.

Ein Name, der erst mal bleiben wird in den Bestenlisten: am 24. Mai 1941 wurde in Duluth, Minnesota Robert Allen Zimmerman geboren. Später nannte er sich Bob Dylan. Nächsten Samstag feiert er also seinen 67. Geburtstag. Man kann sich an ihn halten. Glückwunsch. THOMAS MAUCH