Fromm hat Jobzweifel

Der Chef des Verfassungsschutzes Heinz Fromm fragt sich bei der Überwachung der Partei Die Linke: „Ist das noch verhältnismäßig?“

AUS BERLIN VEIT MEDICK

Kaum hatte Innenminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag den neuen Verfassungsschutzbericht vorgestellt, da schickte der Präsident des zuständigen Bundesamts, Heinz Fromm, noch einen Zusatz hinterher: „Ich denke, die Prioritäten unserer Arbeit sind deutlich geworden.“ Das dürfte vor allem der Bild-Zeitung gegolten haben. Die hatte am Mittwoch vorab verlauten lassen, der Bericht warne vor allem vor extremistischer Unterwanderung der Linkspartei. In Schäubles Eingangsreferat war davon jedoch mit keinem Wort die Rede.

Stattdessen sieht Schäuble Gefahr von anderer Seite: Deutschland sei direkt im Visier islamistischer Terroristen, verkündete er und verwies als Beleg auf die „Sauerland-Gruppe“, die im September 2007 ausgehoben wurde. Zwar hätten die Behörden dadurch „vermutlich schwere Anschläge“ verhindert, doch gebe es eine „unverändert hohe Bedrohung“. Die Gefahr sei „sehr, sehr nah“, warnte auch Fromm. Wohl auch deshalb, weil laut Verfassungsschutzbericht die Zahl islamistischer Organisationen im vergangenen Jahr wieder einmal stieg: von 28 auf 30.

Rechts- und linksextremistische Gewalt ist dagegen 2007 zurückgegangen. Als „neue Qualität“ wertete Schäuble Aktivitäten rechtsextremer Autonomer in schwarzen Blocks wie am 1. Mai in Hamburg. Auffällig sei zudem, dass Rechtsextremisten versuchten, „sich in der Mitte der Gesellschaft einzunisten“. Wichtigstes politisches Scharnier bleibe die NPD. Laut Bericht verbuchte sie 200 neue Mitglieder und kommt jetzt insgesamt auf 7.200 Anhänger. Ein Verbotsverfahren lehnte Schäuble jedoch ab.

Für Neonazis wollten sich die Journalisten aber nicht so recht interessieren. Alles drehte sich um die Linkspartei und ihre Strömungen Kommunistische Plattform und Marxistisches Forum – im Bericht als „offen extremistisch“ eingestuft. Die vielen Fragen stießen bei Amtschef Fromm auf Unverständnis. Der Eindruck, der Verfassungsschutz kümmere sich vornehmlich um die Linkspartei, sei „jenseits aller Realität“. Die Prioritäten lägen an anderer Stelle: „Für dieses Thema haben und brauchen wir nur einen kleinen Personaleinsatz“. Er stelle sich mit Blick auf die Überwachung der Partei ständig die Frage: „Ist das noch verhältnismäßig?“

Das scheint indes Schäuble nicht so sehr zu interessieren: „Wir müssen die Partei Die Linke weiterhin beobachten“, forderte der Minister, auch wenn er sich des „ambivalenten Erscheinungsbilds“ bewusst sei. Die Linke reagierte empört. Die fortgesetzte Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei „unverschämt“ und „absurd“, schimpfte Geschäftsführer Dietmar Bartsch. Dass die Linke im Bericht überhaupt vorkomme, „ist für uns völlig inakzeptabel“.