Mehr für den Millionär

Die Linksfraktion will die Zahl der Betriebsprüfer in den Finanzämtern auf 900 aufstocken – für „mehr Steuergerechtigkeit“. Die SPD ist auch dafür, die Handelskammer nennt den Plan „Blödsinn“

VON KAI VON APPEN

Die Fraktion der Partei Die Linke packt ein heißes Eisen an und könnte Schwarz-Grün in die Bredouille bringen: Per Antrag zur nächsten Bürgerschaftssitzung fordert die Linkspartei die Zahl die Betriebsprüfer um 150 auf 900 MitarbeiterInnen sowie die Zahl der Steuerfahnder auf 80 aufzustocken. „Das soll zu mehr Steuergerechtigkeit führen“, sagt Fraktionschefin Dora Heyenn.

Für Heyenn herrscht in Hamburg ein „Zwei Klassen-Steuervollzug“. Während den Lohnabhängigen die Steuern bereits vom Arbeitgeber abgezogen werden, könnten die Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung häufig geringere Einkünfte angeben als sie tatsächlich erzielt haben. „Durch den mangelhaften Vollzug entgehen Hamburg jährlich erhebliche Steuereinnahmen in mindestens zweistelliger Millionenhöhe“, behauptet der finanzpolitische Sprecher der Linken, Joachim Bischoff.

Für Heyenn geht es auch darum, endlich mit der Mär Schluss zu machen, es sei „kein Geld da“. Es könnte vieles bewegt werden, wenn endlich auf der Einnahmenseite konsequent gehandelt würde. Denn jeder Steuerprüfer hole im Durchschnitt pro Jahr zusätzlich eine Million an Steuern herein. „In der Realität werden aber die Betriebsprüfer oft mit anderen Aufgaben betraut“, sagt Heyenn. Laut Senatsangaben sind von den 748 Betriebsprüfern 2007 nur 441 tatsächlich bei Betriebsprüfungen eingesetzt gewesen.

Die Linkspartei befindet sich im Einklang mit dem Landeschef der Gewerkschaft Ver.di, Wolfgang Rose. Der geht davon aus, dass allein durch die unzureichende Kontrolle der Steuermillionäre Hamburg 50 Millionen Euro verloren gehen. „Weil Finanzsenator Michael Freytag bei Millionären die Augen zudrückt, fehlt viel Geld in der Gemeinschaftskasse“, kritisiert der Gewerkschafter. Laut Statistischem Bundesamt gebe es in Hamburg 400 Steuerpflichtige mit Einkommen von über einer Million Euro. „Jede Steuerprüfung bei Millionären bringt nach Ermittlungen des Bundesrechnungshof im Durchschnitt 135.000 Euro“, sagt Rose. „Hier hat Hamburg eine große Baustelle“, beklagt er. „Durch vermehrte Steuerprüfungen müssen endlich Steuergerechtigkeit und bessere Einnahmen herbeigeführt werden.“

Bereits 2005 hatte der Ver.di-Chef Alarm geschlagen. Damals hatte eine Studie im Auftrag des Wirtschaftsmagazins Impulse bundesweit 575 Finanzämter unter die Lupe genommen. Im Ranking der schärfsten Finanzämter landete das Finanzamt Hamburg für Großunternehmen auf Platz 574. „Hauptstadt der Steuerhinterziehung“, wetterte damals Rose in Richtung Finanzbehörde und ist überzeugt: „Da hat sich bis heute nichts geändert.“

Für die Wirtschaft sei diese Aussage „Blödsinn“, sagt Andreas Westermeier von der Handelskammer. In Hamburg würden die Finanzämter Schwerpunktprüfungen durchführen. Da würden natürlich Betriebe ausgesucht, wo etwas erwartet werde. Würde die Zahl der Betriebsprüfer erhöht, würde der Durchschnitt der zusätzlichen Einnahmen deutlich sinken. „Das Steuerrecht sollte lieber vereinfacht werden“, fordert Westermeier

Auch Finanzbehörden-Sprecher Sebastian Panknin kontert: „Die Ergebnisse der Betriebsprüfungen haben sich im Bundesvergleich auf hohem Niveau gehalten, die personelle und sachliche Ausstattung der Finanzämter ist aufgabengerecht.“ Steuerliche Mehrergebnisse durch Prüfungen seien nur statistische Werte und nicht identisch mit tatsächlichen Steuermehreinnahmen. „Der Kuchen wird durch mehr Prüfer nicht automatisch größer“, sagt Panknin.

Hingegen unterstützt die oppositionelle SPD den Vorstoß. „Die Grundkritik der Linken teilen wir, ob die Forderung nach 900 Prüfen realistisch ist, müssen wir prüfen“, sagt der finanzpolitische Sprecher der SPD, Peter Tschentscher. Die SPD selbst habe gerade vergeblich die Schaffung von 25 Finanzanwärterstellen für die fachliche Ausbildung der Zukunft gefordert. „Das hat der CDU-Senat abgelehnt.“ Ob die Regierungsbeteilung der Grünen etwas ändert, ist unklar. Von der GAL-Fraktion war am Freitag keine Stellungnahme zu bekommen.