Ehrenmord In Hamburg
: Das Wort gegen Macho-Wahn erheben

Der „Ehrenmord“ an der 16-jährigen Morsal O. erschüttert die Öffentlichkeit. Er löst zugleich Hilflosigkeit und Schweigen aus – Letzteres, da jede unbedachte Äußerung von Rassisten missbraucht werden könnte.

KOMMENTAR VON Kai von Appen

Doch Schweigen ist falsch: Gerade diejenigen, die sich seit Jahrzehnten für eine multikulturelle Gesellschaft eingesetzt und für ein Bleiberecht von Flüchtlingen jeglicher Couleur stark gemacht haben, die Migrantinnen als Opfer verteidigen – sie müssen jetzt das Wort erheben.

Es kann nicht sein, dass die verfestigten Werte aus welcher Heimat auch immer einfach unhinterfragt fortgeschrieben werden. Dass sich Männer einerseits das Recht herausnehmen, hier von westlichen Werten zu profitieren, anderseits aber von ihren Frauen – oder eben der jüngeren Schwester – verlangen, bloß nicht von den alten Wertvorstellungen abzurücken. Morsal O. lebte seit 13 Jahren in Deutschland. An das Leben in Afghanistan dürfte sie kaum Erinnerungen gehabt haben. Sie ist wie eine Deutsche aufgewachsen und wollte auch so ihr Leben gestalten.

Jeder hat das Recht auf seine Religion. Wer aber nicht gegen männliches Machtgehabe das Wort erhebt, der ist nicht nur ein Frauenfeind, sondern macht sich auch mitschuldig – an der Ermordung von Frauen im Macho-Wahn.