Anstecker, Ohrstecker

I’m not married

Ich trage seit zwei Wochen einen Anstecker am Mantelrevers, den ich in einem Second-Hand-Laden in Friedrichshain fand. Er hat etwa die Größe eines Zwei-Euro-Stückes und einen rot-weiß karierten Rand. Auf weißem Grund steht in schwarzen Großbuchstaben „I’M NOT MARRIED“. Der Geschäftsinhaber klärte mich über die Herkunft auf, wahrscheinlich 40er-Jahre, USA, und steckte ihn mir an. Seitdem habe ich das Gefühl, an einem lustigen Experiment teilzunehmen. Denn die Reaktionen auf „I’M NOT MARRIED“ sind sehr unterschiedlich.

Männer schauen eher erschrocken weg, während Frauen total drauf abfahren. „Der ist ja Wahnsinn!“ „Wo hast du denn DEN her?“ „Ist das lustig!“ Nur eine Frau hat mich auf einer Party ganz mitfühlend gefragt: „Barbara, du suchst jetzt also ernsthaft?“ Vor Missverständnissen ist man nie gefeit. So wie bei der Begegnung mit einem Verkäufer, in einem Geschäft für alten Schmuck bei mir in der Straße. Ein Deutscher, der mit schwarz gefärbten Haaren und Sonnenbrille einen auf Italiener macht.

Im Schaufenster hatte ich entzückende Ohrstecker aus Gold in der Form von Blumen gesehen. Ich ließ sie mir zeigen und fragte nach dem Preis. „30 Euro. Sind aus Gold.“ In dem Moment kam die Sonne raus. „Das hätte ich ja nicht gedacht, dass die sich heute noch blicken lässt“, sagte der Mann, „il sole“. „Die Sonne hab ich mitgebracht“, sagte ich, „da kriege ich die Ohrstecker doch billiger, oder?“ Er blickte auf mein Mantelrevers, während ich mir die zweite Blume ansteckte. „Wenn Sie im Bikini kommen“, sagte er, „kriegen Sie sie für zehn Euro.“ Ich blickte ihm tief in die Augen. „Und wenn ich nackt komme, kriege ich sie dann umsonst?“ Er kam ins Stottern und gab sie mir für zwanzig Euro.BARBARA BOLLWAHN