Fehmarnbelt-Brücke bleibt Luftschloss

Zeitplan für den Brückenschlag zwischen Norddeutschland und Dänemark verzögert sich weiter. Staatsvertrag und mögliche Zuschüsse von der EU sind nicht in Sicht. Schleswig-Holstein will dennoch an dem angeblichen Schlüsselprojekt festhalten

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die Brücke über den Fehmarnbelt bleibt ein Luftschloss. Der Abschluss eines Staatsvertrages zwischen Deutschland und Dänemark über den Bau werde „baldmöglichst angestrebt“, versicherte jetzt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Rainder Steenblock (Grüne). Damit verzögert sich der Zeitplan erneut. Ursprünglich sollte der Vertrag bereits Ende vorigen Jahres unterzeichnet werden.

Allerdings sei noch immer „eine Reihe inhaltlicher und formaler Abstimmungen erforderlich“, heißt es in der Antwort. Und die betreffen in erster Linie das Geld. Denn was es kosten würde, die Brücke zu bauen und in das Verkehrsnetz einzufügen, sei noch immer nicht exakt zu berechnen. Die Bundesregierung, sagt Steenblock, „handelt ohne Plan“.

Die knapp 20 Kilometer lange Straßen- und Schienenbrücke zwischen den Fährhäfen Puttgarden auf der deutschen Insel Fehmarn und Rødby auf dem dänischen Lolland wird mit etwa 5,6 Milliarden Euro Baukosten veranschlagt. Dafür sowie für die Verkehrsanbindungen in Richtung Kopenhagen solle Dänemark aufkommen, vereinbarten beide Staaten im vorigen Sommer in einer Absichtserklärung.

Deutschland und Schleswig-Holstein würden nur für den Straßenausbau in Richtung Hamburg um die 90 Millionen Euro zahlen. Die Deutsche Bahn solle bis zur geplanten Fertigstellung der Brücke im Jahr 2018 die eingleisige Strecke elektrifizieren und binnen weiterer sieben Jahre – also bis etwa 2025 – ein zweites Gleis von Lübeck bis zur Brücke legen.

Eingerechnet ist dabei ein Zuschuss der EU von bis zu 1,5 Milliarden Euro. Sollte es den nicht oder nur in geringerer Höhe geben, warnt die Bundesregierung, sei das nicht ihr Problem: „Für die Finanzierung trägt Dänemark die Verantwortung“, heißt es in der Antwort an Steenblock.

Und sollten auf deutscher Seite Mehrkosten entstehen, so sei es in der Absichtserklärung vereinbart worden, müssten die beiden Regierungen „die Lage aufs Neue erörtern“. Das umschreibt im Diplomatendeutsch die Beerdigung des Vorhabens.

Die EU-Kommission habe kürzlich den Antrag der Bahn abgelehnt, die Elektrifizierung der eingleisigen Strecke zu bezuschussen, berichtet zudem Michael Cramer, grüner Verkehrsexperte im Europaparlament. Damit würde die Finanzierung des, wie er meint, „ökologisch und volkswirtschaftlich unsinnigen Projekts“ vollends unsicher – was Cramer nicht stört, denn er hält das seit Jahrzehnten diskutierte Vorhaben ohnehin für ein Relikt des geteilten Europa.

Der heutige Nord-Süd-Verkehr laufe vor allem über Rostock. Die Hafenstadt in Mecklenburg-Vorpommern habe seit 1990 die Zahl der verschifften LKW-Anhänger „um mehr als das Hundertfache von 3.900 auf 416.000 gesteigert“, rechnet Cramer vor. Jetzt den Verkehr durch das Nadelöhr Hamburg über den Fehmarnbelt zu führen, „wird zum Verkehrskollaps in der Region führen“, warnt der EU-Politiker.

Das sieht der Kieler CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen vollkommen anders. Er halte den Brückenschlag über den Fehmarnbelt weiterhin für „das Schlüsselprojekt der dänischen und schleswig-holsteinischen Verkehrspolitik“, sagte Carstensen am Dienstag im dänischen Padborg. Dort unterzeichneten er und der Regionsvorsitzende von Syddanmark, Carl Holst, ein Kooperationsabkommen für Verkehrsprojekte. Die wichtigsten Punkte neben der Beltbrücke sind der Weiterbau der Autobahn A 20 von Lübeck nach Niedersachsen mit einem Elbtunnel bei Glückstadt und der sechsspurige Ausbau der A 7 von Hamburg nach Flensburg.

Während auch Carstensens Koalitionspartner SPD den Brückenschlag befürwortet, ist die Bundesregierung uneins. Anders als Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat sich SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel nun gegen das Projekt ausgesprochen. Dieses sei, sagte der Niedersachse, „nur noch eine bekloppte Idee“. Sehr zur Freude der schleswig-holsteinischen Grünen. „Der Mann“, sagt deren Fraktionschef im Landtag, Karl-Martin Hentschel, „hat Recht“.