Clinton gewinnt, Obama siegt

Kampf um die demokratische Präsidentschaftskandidatur in den USA: Bei den Vorwahlen im konservativen Kentucky gewinnt Hillary Clinton deutlich. Barack Obama liegt in Oregon vorn und hat jetzt endgültig die Mehrheit der gewählten Delegierten

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Mehrheit für Hillary Clinton, Sieg für Barack Obama. Das ist die Bilanz der Nacht zum Mittwoch, in der Obama einer Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten unumkehrbar näher rückte. Zwar hatte seine Rivalin Hillary Clinton im US-Bundesstaat Kentucky mit 65 zu 30 Prozent der Stimmen noch einmal richtig abräumen können. Doch bescherte der erwartete Sieg des schwarzen Senators im Westküstenstaat Oregon (58 zu 42 Prozent) ihm die absolute Mehrheit bei den gebundenen Delegierten, an denen sich die freien „Superdelegierten“ mit ziemlicher Sicherheit orientieren werden.

Während sich Hillary Clinton am Dienstagabend weiter kämpferisch gab, blickte Obama in seiner Siegesrede bereits auf die Auseinandersetzung mit dem Republikaner John McCain.

Clinton hatte zuvor erneut mit 65 Prozent der Stimmen ein beeindruckend gutes Ergebnis im konservativen Staat Kentucky erzielt. Wählende aller Alters-, Einkommens- und Bildungsklassen hatten in dem ländlich geprägten Staat die ehemalige First Lady vorgezogen.

Wenige Stunden später siegte Obama dann im liberalen Westküstenstaat Oregon mit knapp 58 Prozent vor Clinton mit 42 Prozent. Den Meilenstein in der Vorwahlsaison – das Erreichen der Mehrheit der gebundenen Delegierten – feierte Obama dann im Staat Iowa. Ein ungewöhnlicher Schritt, denn normalerweise finden die Veranstaltungen an einem der Vorwahlorte statt. Doch in Iowa hatte mit dem ersten großen Wahlsieg der demokratischen Vorwahlen am 3. Januar Obamas kometenhafter Aufstieg begonnen.

Und dann verkündete Obama – kaum noch verklausuliert – seinen Anspruch auf die Kandidatur: Die Nominierung sei „in Reichweite“, sagte der 46-Jährige Senator vor einer frenetisch jubelnden Menge in Desmoines, Iowa. Großen Beifall erhielt Obama auch für die lobenden Worte, mit denen er seine innerparteiliche Konkurrentin Clinton bedachte. Die klangen schon wie ein politischer Nachruf: Die frühere First Lady habe „niemals aufgegeben, für das amerikanische Volk zu kämpfen“, sagte Obama. Sie habe es als Frau möglich gemacht, dass auch seine beiden Töchter nun eine bessere Zukunft hätten.

Obama rief in seiner Rede, die mehr einer programmatischen Kampfansage an die Republikaner glich als einer Triumphrede, zur Geschlossenheit der demokratischen Partei auf. Die „Einheit und die Energie“ der Demokraten sei nun wichtig, um in den kommenden Monaten gegen den republikanischen Herausforderer John McCain zu gewinnen. Obama machte deutlich, dass der ersehnte Wandel weiterhin das Thema seiner Wahlkampagne bleiben werde, denn John McCain stehe für das alte System und die verfehlte Politik des US-Präsidenten George W. Bush.

Auch Hillary Clinton hatte in ihrer Siegesrede, anders als in den Monaten zuvor, auf Angriffe gegen Barack Obama verzichtet. Clinton gab sich dennoch betont kampfbereit und sagte erneut, sie werde im Rennen bleiben und wolle, dass jede Stimme gezählt werde. Sie sei „entschiedener denn je“, das Rennen gegen ihren Rivalen Barack Obama „bis zur letzten Stimme“ fortzusetzen, sagte sie in Louisville, Kentucky. „Darauf bestehe ich, bis wir einen Kandidaten haben, wer auch immer sie sein wird.“

Nach den beiden Vorwahlen kommt Obama auf 1.956 Delegiertenstimmen – das ist schon nahe an der benötigten Zahl von 2.026. Clinton kommt nur auf 1.776. Sie liegt sowohl bei der Zahl der gebundenen Delegierten wie auch bei den Superdelegierten klar hinter ihrem Konkurrenten. Die nächsten Vorwahlen finden am 1. Juni in Puerto Rico und zuletzt am 3. Juni in Montana und South Dakota statt.

Das Obama-Lager ließ am Dienstag wissen, dass der Senator bereits 37 Millionen Dollar (23 Millionen Euro) für den Wahlkampf gegen den Republikaner John McCain gesammelt habe. Für die Kampagne spendeten bislang 1,5 Millionen Spender.

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