Betr.: Der 700. "Tatort"

Die Verheißungen des 100-Meter-Laufs wie des Wegrennens bestehen gleichermaßen darin, die jeweils anderen abzuhängen. Dem „Tatort“ ist das Motiv des Laufens bereits im Vorspann eingeschrieben. Zur Titelmelodie sieht man flüchtende Männerbeine in schnellen, kurzen Schritten über verschwimmenden Asphalt hetzen.

Doch ist der „Tatort“ wirklich die Geschichte der körperlichen Betätigung, wie die Szene – die erste jeder Folge – glauben macht? Es kommt jedenfalls nicht oft vor, dass ein Kommissar dadurch zu einer interessanten Figur wird, dass er schnell ist. Dadurch, dass ihm die Ergebnisse des Fitnesstrainings zum Hemdkragen herausschwellen. (Na gut, es gibt Ausnahmen, aber die heißen alle Schimanski.) Die interessanteren Ermittler sind die, die aus Puzzleteilchen ein Gesamtbild formen können und vorher sogar wissen, wie sie die verstreuten Puzzleteile finden.

Dass der „Tatort“ im Lauf der bislang 699 Folgen dennoch eine Geschichte des Körperlichen hat, liegt daran, dass er körperliche Reaktionen auszulösen imstande ist: Haareraufen. Zucken. Kopfschütteln. Und in mindestens einer Hinsicht ist der „Tatort“ doch sogar Leistungssport: Die Krimireihe hat wahre Meister in der Disziplin Nagelkauen hervorgebracht. raa