Katholiken wollen nicht nur kuscheln

Das Laientreffen endet in Osnabrück mit einem Gottesdienst vor 25.000 Gläubigen. Reformer kritisieren, Probleme des Kirchenalltags seien nicht angesprochen worden

Mit einem Abschlussgottesdienst ist am Sonntag in Osnabrück der 97. Deutsche Katholikentag zu Ende gegangen. „Wir sind in unserem Land in Gefahr, eine Anspruchsgesellschaft zu werden, in der sich mehr und mehr eine Versorgungsmentalität breit macht“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, vor 25.000 Gläubigen. Tags zuvor hatte sich der Erzbischof gegen Denkverbote und für Reformen in der Kirche ausgesprochen. Bundespräsident Horst Köhler forderte erneut, die Finanzmärkte stärker zu kontrollieren.

Seit Mittwoch waren unter dem Motto „Du führst uns hinaus ins Weite“ mehr als 60.000 Besucher zu den 1.200 Veranstaltungen nach Osnabrück gekommen, davon 35.000 Dauergäste und viel Polit-Prominenz aus Berlin. Die Kirchenleitung hatte Fehler im Umgang mit sexueller Gewalt von Priestern eingeräumt. Erstmals in der 160-jährigen Geschichte des Laientreffens hatte ein Missbrauchsopfer einen Bischof auf dem Podium mit dem Problem konfrontiert.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und das Bistum Osnabrück zeigten sich mit dem Verlauf hoch zufrieden. „Ich habe selten das Wort ‚wunderbar‘ so oft gehört wie in den vergangenen Tagen“, sagte der gastgebende Bischof Franz-Josef Bode.

Reformer kritisierten dagegen, Probleme des kirchlichen Alltags wie das Heiratsverbot für Priester und die Nichtzulassung von Frauen zum Priesteramt seien zu wenig angesprochen worden. Dem widersprach ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer: Osnabrück sei „kein Kuschelkatholikentag“ gewesen.

Als einen der Höhepunkte des Treffens wertete das ZdK den Akt der Versöhnung mit den Juden in Deutschland. Nach dem Streit um eine vatikanische Neufassung der lateinischen Karfreitagsfürbitte, die von vielen Juden als Aufforderung zur christlichen Judenmission gewertet wurde, nahmen Erzbischof Zollitsch und der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Henry Brandt, an einer gemeinsamen christlich-jüdischen Feier teil. Anschließend nahmen sie sich in den Arm. Brandt erneuerte allerdings seine Kritik am Vatikan. taz

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