480 Anrufe wegen eines Falles

Ihn beschäftigten nicht nur rauchende Altkanzler und koksende Innensenatoren: Der Hamburger Pressestaatsanwalt Rüdiger Bagger geht in den Ruhestand

Ein Original tritt ab. Der dienstältester Sprecher einer Hamburger Behörde, Presse-Staatsanwalt Rüdiger Bagger geht Ende der Woche in den Ruhestand. Der 64-Jährige sehnt sich nun wieder nach einem Alltag ohne Verbote, verrät er der taz: „Ich freue mich schon darauf, dass ich wieder unkontrolliert rauchen darf.“

Mit knurrigen Sprüchen und unverblümten Aussagen hat Bagger sich auch bundesweit einen Namen gemacht. Manchmal dauerte es zwar, bis er bei Anfragen zum Thema gekommen ist, weil er sich wieder mal über die Journalistenzunft geärgert hat. „Da rufen Reporter an“, raunzte er etwa kürzlich wieder, „denen muss man erstmal den Unterschied zwischen einem Zivilprozess und einem Strafprozess erklären.“ Da wurde auch schon mal jemand zurecht gestaucht, wenn ihm ein Bericht nicht passte, bis Bagger versöhnlich einräumte, dass derjenige so daneben nun doch nicht gelegen hatte. Und er selbst eben einfach mal Luft ablassen musste.

Der Umfang der Pressearbeit hat sich seit Beginn seiner Tätigkeit 1988 um 1.000 Prozent gesteigert: „Der Verstoß gegen das Rauchverbot von Helmut Schmidt hatte vom Aufwand her die Dimension eines fünffachen Mordes“, sagt Bagger, rein strafrechtlich sei das aber ein Mini-Fall. Am arbeitsintensivsten war 1995 der Fall Gary Lauck: Als der international gesuchte US-Nazi von Dänemark nach Hamburg ausgeliefert wurde, gingen bei Bagger 480 Anrufen aus aller Welt ein. Eingeprägt haben sich auch der Koks-Verdacht gegen Ex-Innensenator Schill oder Heinos Ärger mit einem Konzertveranstalter. Dennoch sagt Bagger: Das permanente Telefonklingeln werde er nicht vermissen. KVA