Landflüchtige Folklore

Großstadt braucht man ja schon deswegen, weil hier mittlerweile die Provinz am besten konserviert wird, also das Hinterland mit seinen Traditionen, die draußen gar nicht mehr wirklich gepflegt werden. Volksmusik zum Beispiel. Die ist in den Dörfern mit den Alten längst gestorben oder wenigstens diese Folkloretraditionen, die mit der volkstümlichen Hitparade wenig zu schaffen haben. In der Großstadt aber treffen sich eben selbst bei Minderheitenprogrammen noch genügend Gleichgesinnte, die ansonsten in der Welt einsam bleiben würden. Beispiel Berlin: Hier gründete sich mit Polynushka das erste Vokalensemble für authentische russische Folklore in Deutschland, und zwar mit Sängerinnen aus den USA, Neuseeland, Bulgarien, der Ukraine und auch Russland, um sich in der Großstadt dem russischen Dorfgesang zu widmen. Beim Radio-Hochsee-Abend „Volksmusik in der Großstadt“ am heutigen Dienstag im Kaffee Burger erzählen Polynushka von ihren musikalischen und kulturellen Visionen. Als weitere Gastexperten hat Falko Hennig den Rechtsanwalt Karsten Gutsche geladen, der sich im Thema Urheberrecht und Volksmusik auskennt, sowie Johannes Theurer (Radio Multikulti), Hanni Bode (Deutschlandradio) und Mitarbeiter des Phonogramm-Archivs am Ethnologischen Museum. Kaffee Burger, Torstraße 60. 20.30 Uhr. Eintritt 5 Euro.

Am Samstag stellen Polynushka dann im Supamolli ihre Platte vor: „Lieder der Großmütter aus russischen Dörfern“. Jessnerstraße 41, 22 Uhr. 4 Euro TM