KUNSTRUNDGANG
: Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Angesichts all der Großevents im Berliner Kunstfrühsommer – Biennale oder Gallery Weekend – vergisst man schnell, dass es noch so viel mehr gibt. In der Hedemannstraße etwa, im Niemandsland zwischen Checkpoint Charlie und Halleschem Tor. Dort haben Benoît Maire und Falke Pisano bei croy nielsen auf zusammengeschobenen Tischen ein auf den ersten Blick völlig banales Sammelsurium aus Stofffetzen, Drahtknäueln, Glasplatten, Spiegeln und Papier versammelt. Arrangiert ist das Ganze in einer scheinbar beiläufigen Art, so dass sich alles zu einer lapidaren Poesie der Dinge verbindet. Auf Zetteln an der Wand kann man dazu Texte lesen, die ebenfalls als Stationen eines sprunghaften und assoziativen Denkens funktionieren. Wenn man dann erfährt, dass dieses Arrangement einmal die Woche von einer dritten Person nach eigenem Gutdünken neu gestaltet wird, beginnt die Ausstellung allmählich Sinn zu machen: als vorübergehende Manifestation eines ephemeren Zustandes, als kleiner Ausschnitt aus einer unendlichen Menge möglicher Kombinationen. Eine ganz andere Art der Kombinatorik hat nur wenige Meter weiter Sandra Bürgel gewählt: sie stellt zum ersten Mal alle Künstler der Galerie zusammen aus. Auch hier ein kleiner Ausschnitt im Sinne einer Bestandsaufnahme des Moments. Am auffälligsten dabei sicherlich Paul Snowdens dreiteiliges Bild mit dem aus einem Chatroom übernommenen Slogan „Leck mich am Arsch, was geht!“. Weniger drastisch dagegen die Bauschaum-Skulptur von Klaus Winichner oder die Installation „Niemand hat Interesse an deiner Genesung“ von Thomas Schroeren, die in einer Kommode eine Unmenge an das piefige Nachkriegsdeutschland erinnernde Alltagsgegenstände versammelt. So, jetzt noch schnell hin – beide Ausstellungen laufen nur noch bis Ende der Woche.

Benoît Maire & Falke Pisano, bis 31. Mai, Di–Sa 11–18 Uhr, croynielsen, Hedemannstr. 14 „Willkommen to Reality“, bis 30. Mai, Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Sandra Bürgel, Hedemannstr. 25