Aufschwung verliert an Kraft

Die Frühjahrsbelebung auf dem Jobmarkt fällt relativ schwach aus. Zwar nimmt die Beschäftigung noch zu. Immer mehr Leute nehmen aber Nebenjobs an, die Zeitarbeit wächst weiter. Bundesarbeitsminister Scholz: „Ziel heißt Vollbeschäftigung“

VON BARBARA DRIBBUSCH

Mehr Nebenjobber, mehr Zeitarbeiter: Das ist die Bilanz des aktuellen Jobmarktberichts, der am Donnerstag von der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgelegt wurde. Die Zahl der Erwerbslosen ist demnach im Mai um 131.000 auf 3,28 Millionen gesunken. Das war in diesem Monat ein vergleichsweise schwacher Rückgang. Die Zahl der Arbeitslosen erreichte aber dennoch den niedrigsten Stand seit knapp 15 Jahren.

Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), erkannte am Donnerstag daher weiterhin eine positive Grundtendenz auf dem Arbeitsmarkt. „Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten wächst weiter“, betonte Weise. Die jüngsten Zahlen dazu stammen vom März. Danach stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,4 Prozent beziehungsweise um 631.000 Stellen. Mehr als die Hälfte davon seien Vollzeitstellen, hieß es.

Erheblich stärker, nämlich um 9,1 Prozent, stieg die Zahl von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die nebenbei noch einen Minijob ausübten. Dies bestätigt die Beobachtung von Arbeitsmarktforschern, dass es einen Trend zum Zweitjob gebe. Wer bereits über einen Teilzeitjob krankenversichert ist, bekommt mitunter mehr „netto“ heraus, wenn er oder sie zusätzlich nur einen 400-Euro-Job hat.

Wie auch in den Monaten zuvor legten vor allem die unternehmensnahen Dienstleistungen in der Beschäftigung zu, darunter fallen zum großen Teil ZeitarbeiterInnen. Aber auch im Gastgewerbe gibt es wieder mehr Jobs sowie bei Verkehr und Nachrichtenübermittlung.

Der gemeldete Stellenbestand hält sich laut Bundesagentur für Arbeit auf „hohem Niveau“, allerdings mit rückläufiger Tendenz. So ist das Angebot an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen im Mai saisonbereinigt um 3.000 zurückgegangen.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) erklärte zum neuen Bericht: „Die Zahlen zeigen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Das Ziel heißt Vollbeschäftigung.“

BA-Chef Weise sprach sich dagegen aus, künftig auch Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen als arbeitslos auszuweisen. Die BA weise diese Gruppen klar in ihrem Monatsbericht aus. Dadurch sei ausreichend Transparenz hergestellt. Der stellvertretende Verwaltungsratschef der BA, Peter Clever, plädierte hingegen dafür, auch die rund 250.000 Menschen in Qualifizierungsprogrammen und die mehr als 300.000 Menschen in Beschäftigungsmaßnahmen in der Erwerbslosenstatistik zu erfassen. Eine solche Rechnung würde „ein Stück mehr Ehrlichkeit“ bringen, sagte Clever, der auch Mitglied der Geschäftsführung in der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist. Debatten um die Arbeitslosenstatistik hatte es zuletzt im Jahr 2005 gegeben, als mit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze die Erwerbslosenzahlen in die Höhe schossen.

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