heute in bremen
: „An Kindern wird vorbei geplant“

Der Arbeitskreis kritische soziale Arbeit diskutiert die Kinder- und Jugendhilfe in Bremen

taz: Herr Bettinger, Sie wollen die Kinder- und Jugendhilfe in Bremen auf den Prüfstand stellen. Ist seit Kevin nicht eine Menge geschehen?

Frank Bettinger, Professor für Sozialpädagogik, Bremen/Darmstadt: Doch, aber ohne eine breite Diskussion zu führen, mit Experten und der interessierten Öffentlichkeit. Das waren überwiegend wieder Top-Down-Entscheidungen.

Aber wenn man schnell handeln muss, kann man nicht erst jeden anhören, der dazu eine Meinung hat.

Das nicht, aber wenn man Strukturen verändern will, dann geht das nicht von heute auf morgen und man sollte genau wissen, was gebraucht wird. Dazu bräuchte man aber, wie es das Gesetz vorsieht, eine wissenschaftlich fundierte Kinder- und Jugendhilfeplanung, wo auch die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen erfragt und berücksichtigt werden.

Aus Ihrer Sicht wird an denen vorbei geplant?

Ja, da steht Bremen nicht besser da als andere Kommunen. Angebote kommen nicht zuletzt deswegen zustande, weil eine bestehende Institution in der so genannten „Trägerlandschaft“ ein Interesse daran hat, von der Sozialbehörde „bedient“ zu werden – und nicht, weil man weiß, dass Kinder und Jugendliche das brauchen und wollen.

Können Sie das konkreter machen? Wo brennt es am stärksten?

Es ist ein Missverständnis, dass es in der Kinder- und Jugendhilfe immer um die Problemfälle geht. Wir brauchen Förderangebote für alle, egal wie alt, welchen Geschlechts, welcher Herkunft. Heranwachsende stehen heute vor viel größeren Problemen als früher und haben viel mehr Möglichkeiten zu scheitern.

Interview: eib

Tagung „Kinder- und Jugendhilfe: Gestaltung des Sozialen“: Samstag, 9.30, Universität Bremen