urdrüs wahre kolumne
: Überhaupt nicht elitär!

Von allen Seiten (oder doch immerhin von drei Lesern bzw. Leserinnen) bin ich jüngst mit dem Vorwurf konfrontiert worden, mich aus lauter Geldgier, Geltungstrieb und (O-Ton) „bescheuertem Lokalpatriotismus“ für ein absolut elitäres Projekt einzusetzen: Dabei handele es sich um die „Rintelner Sommeruni“, bei der 16- bis 18-Jährige zu Beginn der Sommerferien schon mal antesten können, wie das mit dem Studieren so läuft. „Das kostet laut taz nord-Schlagzeile über tausend Euro pro Kind und ist für Normalbürger damit gar nicht zu bezahlen und Du machst für so was laut Internet noch den Moderator!“ Also: Die Teilnahme kostet inklusive Übernachtung für eine Woche weniger als hundert Euro (!), und ehe man mich der sozialen Indifferenz bezichtigt, bitte ich dringend, die Einzelheiten zu diesem wunderbaren Projekt unter www.sommeruni-rinteln.de zu erfragen. Eilt aber inzwischen schon ein wenig, wenn man die Kiddies mal so günstig loswerden will – und gleichzeitig dabei helfen, dauerhaft aus dem Nest zu hüpfen!

Im niedersächsischen Springe sahen sich jetzt Restaurantgäste düpiert, als zur Eröffnung der dortigen „Tafel“ die Schar der Wartenden so groß war, dass der ungehinderte Zugang zum gutbürgerlichen Mittagstisch über Stunden beeinträchtigt wurde. Endlich mal ein sinnlicher Begriff davon, was passieren kann, wenn eine asoziale Politik die gesellschaftlichen Gegensätze auf die Spitze treibt und die Not der Armen zum Ärgernis auch für die Arrivierten macht.

Nicht vergessen: Am kommenden Montag sind wir wieder mal dran, uns des 2. Juni 1967 zu erinnern, und wer immer will, mag sich davon auch bewegen lassen. Alles weitere findet sich dazu im Internet und im kollektiven Gedächtnis mancher, die auch heute noch wissen, das der Staat nicht nur für Rauchverbot und Lebensmittelprüfung zuständig ist, sondern auch Herr über Leben und Tod sein kann.

Unter dem werbenden Slogan „Hochstaplers Tanzcafé“ machte einst inmitten von Bremen-Walle ein etwas schwülstiger Gastronomiebetrieb auf sich aufmerksam, der über vergoldete und verspiegelte Klos verfügte, dann aber mit Travestie und Manstrip derart den Bach runter ging, dass irgendwann auch Typen wie ich dort Standup Comedy machten und später aus dem prestigös konzipierten Club ein Ladenlokal zum Verkauf von Wellensittichen und Zwergkaninchen wurde. Dies nur als freundlicher Hinweis für die Bremer Theaterleitung, die in ihren goldglänzenden Programmheften für die Oper neuerdings auch Beiträge in Gold auf Gold bereithält für ein Publikum, das offen ist gegenüber dem Firlefanz. Am Ende aber wird die Operndiva durch den Kanarienvogel ersetzt und danach schickt der Finanzsenator die Katz. Und aus die Maus.

In Nienburg, wo der Spargel wächst wie sonst kaum irgendwo im Land, in Nienburg also versucht mich ein junges Mädchen in der Fußgängerzone zur Mitgliedschaft in einer Luftrettungs-Ambulanz zu gewinnen. Als ich mich ihrer Werbung widersetze, fragt sie plötzlich: „Warum gönnen Sie mir diesen kleinen Erfolg nicht? Bin ich Ihnen wirklich so unsympathisch, dass Sie mich einfach abblitzen lassen?“ Für diese Argumentation gab es immerhin fünf Euro, bar Kralle und voller Verständnis von ULRICH „Heiermann“ REINEKING

ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, geschähe gröbstes Unrecht, bezichtigte man ihn des Elitarismus’.