Hauptsache nicht untergehen

Seit dem Outsourcing des Schulschwimmens an die Bremer Bäder GmbH schlagen die Wogen hoch: Eltern und SchülerInnen reagieren sehr gemischt, andere Städte wollen das Modell kopieren

Von Henning Bleyl

Ein Bremer Modell macht Karriere: Nach Hamburg will nun auch Berlin den Schwimmunterricht seiner GrundschülerInnen an die städtischen Bäder übertragen. Zum einen soll so das Problem gelöst werden, dass nicht jede Schule den Weg ins Bad schafft. Zum anderen spart es Kosten – nach Angaben des Bildungsressorts 150.000 Euro in Bremen.

Seit vier Jahren ist die Bremer Bäder GmbH für den Unterricht von 4.600 Drittklässlern zuständig, die Stadt zahlt dafür rund 600.000 Euro. Die Ausgabe scheint gerechtfertigt: Zu Beginn der dritten Klasse kann nur jedes zweite Bremer Kind schwimmen. Ein bundesweites, sich kontinuierlich verschärfendes Problem, sagt die DLRG. In den 70er Jahren sei fast jedes Kind nach der Grundschule „schwimmfähig“ gewesen.

Trotzdem ruft das Bremer Modell bei Eltern und Lehrern immer wieder Kritik hervor. Der Schul-Personalrat, wegen der Reduzierung von Lehrerstunden ohnehin dagegen, verweist darauf, dass Schwimmen von einem stabilen Vertrauensverhältnis abhängig sei. Das aber könne zu Schwimmmeistern, die im Stundentakt mehrere Klassen unterrichten, kaum entstehen, so Personalrat Erich Breiter: „Wir hören von vielen Klassenlehrern, dass die Zahl der Schwimmverweigerer deutlich gestiegen ist.“ Breiter bezweifelt die Zahlen des Ressorts, denen zufolge die Nichtschwimmerquote am Ende der dritten Klasse von 30 auf 15 Prozent halbiert werden konnte.

Insgesamt durchlaufen die Kinder beim Schulschwimmen einen dreifachen Betreuerwechsel: Bei der Abfahrt von der Schule werden sie von Honorarkräften der Bremer Bäder in Empfang genommen, die übergeben sie in den Umkleiden an KollegInnen, bevor dann die Schwimmmeister zum Zuge kommen. „Die Begleitumstände des Schulschwimmens sind manchmal schwierig“, bestätigt Gabriele Sinter, die für den Zentralen Elternbeirat (ZEB) einen entsprechenden SchülerInnen-Fragebogen entwickelt hat. Nichts desto weniger werde gute Arbeit geleistet, die Projektleiterin „Schulschwimmen“ der Bäder habe jederzeit ein offenes Ohr für Elternsorgen. Ihr Fazit: „Dreiviertel der Kinder geht es beim Schulschwimmen gut.“

Mark gehört freilich zum vierten Viertel: „Jeden Mittwoch Abend hat er geweint“, erzählt seine Mutter. Erst durch die Anrufe anderer Eltern erfuhr sie von dem Stress, dem ihr Sohn, der eigentlich anders heißt, beim donnerstäglichen Schwimmen ausgesetzt war. Für den Schwimmmeister war er demnach nur die „Pfeife“, die es nie lernen würde. Nachdem sich auch durch mehrfache persönliche Präsenz im Bad nichts zum Positiven geändert habe, ließ sie Mark zu Hause. Aufgrund weiterer Beschwerden ist der Mann mittlerweile nicht mehr ins Schulschwimmen involviert. Nachhaltig irritiert ist Marks Mutter allerdings von dem Umstand, dass niemand die sechsmonatige Abwesenheit ihres Sohnes beim Schwimmunterricht – immerhin eine Pflichtschulveranstaltung – bemerkte. „Da hat sich niemand drum gekümmert.“

Insgesamt ist das Stimmungsbild gemischt. Während die Elternvertreterin der Schule an der Geete „dieses Jahr noch keine Klagen gehört hat“, heißt es bei der Schmidtstraßen-Schule, die Hälfte aller Kinder habe zwischenzeitlich nicht mehr zum Schwimmen gewollt. Das sei jedoch deutlich besser geworden. In vielen Kritikpunkten wissen sich die Elternvertreter mit den Schwimmmeistern einig: Eine halbe Stunde Schwimmzeit pro Woche ist zu kurz, und zwei Bahnen für sechzig SchülerInnen – so im Südbad – ein für alle Beteiligten unzumutbarer Zustand.