Rumpeldipumpel …

… weg ist der Kumpel: In bester B-Movie-Manier stürzt auf Pro7 das Ruhrgebiet ein („Abgrund“, 20.15 Uhr)

Gleich am Anfang werden eine Badende, deren üppige Barbusigkeit an 70er-Jahre-Softpornos erinnert, ihr Lover und der ganze Baggersee, in den sie bei Vollmond stiegen, vom strudelnden Abgrund verschluckt. Das setzt ein Signal: „Abgrund – Eine Stadt stürzt ein“ ist ein Trashfilm reinsten Wassers.

Vor ein paar Monaten schickte Pro7 eine Hitzewelle über den Ruhrpott („Keiner kann entkommen“), vor ein paar Jahren eine Riesenwelle an die Nordseeküste („Tsunami“). Jetzt drohen erdbebenartige Probleme, wiederum im Ruhrgebiet. Pro7 mag die Region wahrscheinlich, weil Folklore mit grillend fuballguckenden Biertrinkerkumpels rasch Pathos erzeugt.

Geologin Nina glaubt, dass alte Grubenschächte nicht wie vorgeschrieben verfüllt wurden und daher die darüberliegende, ungenannte Stadt einstürzen könnte. Das wird in verdichteter Dramatik erzählt: Der Sprengmeister, der Nina beim Retten zur Hand geht, ist ihr aus Australien heimgekehrter Exfreund; Unter Tage werden also erst mal alte Lieben, alte Unfälle und bevorstehende Hochzeiten besprochen. Das hilft, äußere existenzielle Situationen im Inneren zu spiegeln – und ein paar aufwändigere Katastrophenfilmszenen mit einem Low-Budget-Kammerspiel zu strecken: Blicke aus verrußten Gesichtern flackern im künstlich ausgeleuchteten Zechendunkel. Zu symphonischem Gedröhne des Soundtracks, bei dem der Kapellmeister an „Indiana Jones“ gedacht haben muss, machen bekannte Nasen der Privatfernsehfiktion wie Liane Forestieri („Cappuccino zu Dritt“), Marco Girnth („Wie verführ ich meinen Ehemann?“) und Ercan Durmaz keine schlechte Figur.

„Abgrund“ schämt sich seines geringen Budgets weniger, als einfach das Beste draus zu machen: einen B-Film, dessen entzückende Einfalt Roger Corman erfreuen würde. In diesem Rahmen funktionieren auch Kausalzusammenhänge, wie man sie so schlicht und klar selten serviert bekommt: Schuld an allem sind Manager eines Energiekonzerns, die mit selber finanzierten wissenschaftlichen Gutachten alle Gefahren wegargumentieren und dann zum Fußball gehen. Viel zu plakativ, würde man in jedem anderen Fernsehfilm sagen. In den B-Katastrophen-Events von Pro7 aber geht das locker.

CHRISTIAN BARTELS